Viele Mediziner beklagen Symptome von Burn-out
Studie des Marburger Bunds zeigt »erschreckendes Bild«: Rund ein Drittel der Ärzte in Berlin und Brandenburg fühlen sich ausgebrannt
Zu hoher Zeitdruck und frustrierende Klinikvorgaben: Viele Ärzte, die in Krankenhäusern in Berlin und Brandenburg arbeiten, fühlen sich überlastet. Der Marburger Bund fordert mehr Personal.
Das Gefühl, ausgebrannt zu sein, kennen viele Mediziner in Berlin und Brandenburg.
Eine am Montag vorgestellte Studie des Landesverbands der Ärztevereinigung Marburger Bund (LVBB) kommt zu dem Ergebnis, dass rund ein Drittel der Mediziner in der Region oft bis sehr oft von Burn-out-Gefühlen betroffen sind. Insbesondere Assistenzärzte zeigten demnach häufig Symptome des Ausgebranntseins. Gefühle von Niedergeschlagenheit, Antriebs- und Lustlosigkeit wiesen der Untersuchung zufolge sieben Prozent der Mediziner sehr häufig auf. Für die repräsentative Studie hatte der Marburger Bund im September 2060 Ärzte zu ihren Arbeitsbedingungen sowie ihrer psychischen Gesundheit befragt.
»Es stimmt etwas nicht im Gesundheitswesen«, sagte der LVBBVorstandsvorsitzende Peter Bobbert. Die durch die Studie erhobenen Daten wiederspiegelten ein »erschreckendes Bild« der Realität an den
Krankenhäusern in Berlin und Brandenburg. »Durch Zeitdruck und schlechte Arbeitsbedingungen haben viele Kollegen zunehmend das Gefühl, in ihrer täglichen Arbeit nicht mehr den eigenen Ansprüchen gerecht werden zu können«, sagte Bobbert.
Ein Grund für die Zunahme von Arbeitsstress und damit auch von emotionaler Erschöpfung der Mediziner sei die Kommerzialisierung des Krankenhauswesens. »Ein Krankenhaus ist kein Ort des Geldverdienens, sondern ist dafür da, Leiden von Patienten zu lindern«, so der LVBB-Chef.
Der Untersuchung zufolge ist eine weit verbreitete Belastung von Ärzten das Arbeiten und Treffen von Entscheidungen unter Zeitdruck. Etwa 69 Prozent der Befragten berichteten, mehrmals pro Tag oder ständig unter Zeitdruck zu stehen. Beim Vergleich der Beschäftigten zeigte sich, dass Zeitdruck in Universitätskliniken am höchsten ausgeprägt ist.
Ein weiterer zentraler Belastungsfaktor für die Mediziner liegt laut Studie in der »Frustration übergreifender Motive«. Damit sind Arbeitsbedingungen und Klinikvorgaben gemeint, die es den behandelnden Ärzten erschweren, die Patientenversorgung den eigenen Ansprüchen entsprechend auszuführen. Eine Mehrheit von rund 53 Prozent gab an, solche Frustrationen täglich zu erleben. Dabei sind Assistenzärzte überdurchschnittlich häufiger von dieser Belastung betroffen als Fachund Oberärzte.
»Jede Minute, die ein Arzt nicht für seinen Patienten da sein kann, da er sich beispielsweise mit Bürokratie beschäftigen muss, ist eine verschwendete«, sagte Steffen König, Chefarzt des Zentrums für Unfall- und wiederherstellende Chirurgie am Krankenhaus Märkisch Oderland in Strausberg. Um eine gute Betreuung der Patienten durch die Mediziner aufrechterhalten zu können, sei die Einstellung neuer Fachkräfte dringend vonnöten. »Auch die sinnvolle Einführung von Personaluntergrenzen kann helfen«, sagte König.
Armin Ehl, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands vom Marburger Bund, appellierte an die Politik, mehr Geld in die Gewinnung von Fachkräften zu investieren. »Wir brauchen bessere Arbeitsbedingen und mehr Köpfe im Spiel«, sagte Ehl.
Die Zahlen aus Berlin und Brandenburg zur Überbelastung würden sich mit der Situation im Bundesgebiet weitgehend decken.