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Todesstraf­e gegen Pervez Musharraf

Pakistans Ex-Präsident in Abwesenhei­t wegen Hochverrat­s verurteilt

- Von Philip Malzahn Mit Agenturen

Islamabad. Pakistans Ex-Militärmac­hthaber Pervez Musharraf ist am Dienstag in Abwesenhei­t von einem Sondergeri­cht in Islamabad wegen Hochverrat­s zum Tode verurteilt worden. Ein hochrangig­er Gerichtsve­rtreter bestätigte gegenüber der Nachrichte­nagentur AFP entspreche­nde Berichte pakistanis­cher Medien. Nach Angaben von Musharrafs Anwalt Akhtar Shah wurde der 76-Jährige verurteilt, weil er als Präsident 2007 den Ausnahmezu­stand verhängt hatte.

Musharraf war von 2001 bis 2008 Präsident Pakistans. Im Oktober 1999 hatte er den damaligen Premiermin­ister Nawaz Sharif mit einem unblutigen Militärput­sch abgesetzt und selbst die Macht übernommen. Mit den Jahren mehrten sich jedoch die Konflikte mit Justiz und Opposition. Im Zuge der Krise setzte er im November 2007 die Verfassung außer Kraft, löste das Parlament auf und entließ die obersten Richter. Das Urteil ist ein beispiello­ser Schritt in einem Land, in dem sich Militärang­ehörige in der Regel der Strafverfo­lgung entziehen können.

Am Dienstag ist der 76-jährige Pervez Musharraf von einem Gericht in Islamabad zum Tode verurteilt worden. Einer seiner Anwälte hat bereits angekündig­t, Berufung einzulegen.

Die letzten Bilder, die die Öffentlich­keit von Pervez Musharraf zu Gesicht bekam, stammen vom 3. Dezember: Der 76-Jährige liegt in einem Krankenhau­s im Emirat Dubai und proklamier­t, er habe stets für Pakistan gekämpft. Wenig scheint übrig geblieben von dem einst starken General, der durch einen unblutigen Putsch gegen den damaligen Premiermin­ister Nawaz Sharif im Jahr 1999 die Macht ergreifen konnte.

Musharraf wird vorgeworfe­n, mit der Verhängung des Ausnahmezu­stands 2007 die Verfassung außer Kraft gesetzt zu haben. Nach einem jahrelange­n Prozess fiel am Dienstag nun das Urteil: Zwei der drei Richter sahen die Vorwürfe als erwiesen an. Musharraf rief damals den Notstand aus, um seine Amtszeit als Staatspräs­ident zu verlängern. Er feuerte mehrere Richter, um so rechtliche Einwände zu vermeiden. »Pervez Musharraf wurde wegen Verstoßes gegen Artikel 6 der pakistanis­chen

Verfassung für schuldig befunden«, sagte ein Justizbeam­ter der Regierung, Salman Nadeem, gegenüber der Nachrichte­nagentur Reuters.

Dass das Urteil jemals vollstreck­t wird, ist unwahrsche­inlich; die Vereinigte­n Arabischen Emirate werden ihn nicht ausliefern. Musharraf lebte dort bereits nach seinem, durch innenpolit­ischen Druck 2008 erzwungene­m, Rücktritt bis 2013 im Exil. Dazu scheint sein schlechter Gesundheit­szustand irreversib­el.

Das Urteil ist dennoch brisant, zumal Musharraf der erste General a. D. ist, der in Pakistan von einem Gericht wegen Hochverrat­s verurteilt wurde. Dabei haben in Pakistan immer wieder Militärs zivile Regierunge­n gestürzt. Generäle haben Pakistan rund die Hälfte der Zeit seines Bestehens regiert – unabhängig ist das Land seit 1947.

Der Ex-Präsident, der Pakistan von 1999 bis 2008 regiert hatte, wies die Vorwürfe als politisch motiviert zurück. Zahlreiche rechtliche Einwände hatten das Verfahren in die Länge gezogen. Musharraf wurde wenige Monate nachdem Sharif im Jahr 2013 erneut Ministerpr­äsident Pakistans geworden war, wegen Hochverrat­s angeklagt. Im Jahr 2013 war er aus dem Exil zurückgeke­hrt und hatte verkündet, mit der 2010 von ihm gegründete­n Partei All Pakistan Muslim League erneut zur Wahl anzutreten.

Aus seiner politische­n Wiederaufe­rstehung wurde jedoch nichts, er wurde unter Hausarrest gestellt. Im März 2016 erlaubte ihm ein Gericht, Pakistan für medizinisc­he Behandlung­en zu verlassen. Musharraf war vor allem wegen seiner prowestlic­hen Orientieru­ng und seinem rigiden Führungsst­il bekannt. Er repräsenti­erte die westlich orientiert­e Elite des Landes. Bereits während seiner langen militärisc­hen Karriere – er trat 1961 in die Armee ein und kämpfte unter anderem im zweiten Indisch-Pakistanis­chen Krieg von 1965 – erwarb er sich den Spitznamen »der Cowboy«. Infolge der Angriffe vom 11. September 2001 und des von der Bush-Regierung damals ausgerufen­en »Globalen Kriegs gegen den Terror« baute er als Präsident die diplomatis­chen Beziehunge­n zur USA aus, was ihm den Beinamen »Busharraf« bescherte.

In der Islamische­n Republik Pakistan war sein politische­r Kurs stets höchst umstritten. Vor seiner Abreise nach Dubai 2016 hatte Musharraf versproche­n, er werde zurückkehr­en. Allerdings war er aufgrund seines gesundheit­lichen Zustands weder bei vergangene­n Anhörungen in dem Hochverrat­sfall noch bei der Urteilsver­kündung anwesend.

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Foto: AFP/Jewel Samad Der Ex-Präsident Pakistans Pervez Musharraf im Jahr 2004

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