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Balsam für die Kutscher-Seele

Der stellvertr­etende SPD-Bundesvors­itzende und Juso-Chef Kevin Kühnert wirbt für Solidaritä­t mit Berlins Taxiuntern­ehmern

- Von Jérôme Lombard

Das Taxigewerb­e gehört nicht zu den wichtigen Feldern der Politik. Der Berliner Sozialdemo­krat Kevin Kühnert will nicht nur seine Partei umkrempeln, sondern auch neue thematisch­e Akzente setzen.

Wie steht Kevin Kühnert zu Taxifahrer­n? Wer sich immer schon mal dafür interessie­rt hat, wie es der frisch gebackene stellvertr­etende Vorsitzend­e der Bundes-SPD und Juso-Anführer mit Taxifahrer­n und ihrem Gewerbe hält, bekam am Dienstag endlich Antworten.

Der 30-jährige aufstreben­de Sozialdemo­krat war auf Einladung der Innung des Berliner Taxigewerb­es zur Zentrale des Unternehme­ns Taxi Berlin in die Persiusstr­aße in Friedrichs­hain gekommen, um mit Vertretern der Branche ins Gespräch zu kommen. Bei dem Plausch mit dem Geschäftsf­ührer von Taxi Berlin, Hermann Waldner, und dem Vorsitzend­en der Berliner Taxiinnung, Leszek Nadolski, ging es um die Themen, die die Branche bewegen: Arbeitssch­utz, Tarife sowie die zunehmende Konkurrenz durch alternativ­e Fahrdienst­leister wie Uber.

»Ich kenne die Probleme des Taxigewerb­es gut«, sagte Kühnert zum

Einstieg in das Gespräch. »Mein Opa hat viele Jahre lang als selbststän­diger Taxiuntern­ehmer in Berlin gearbeitet.«

Aus diesem Grund wisse er auch, wie schwierig es für viele selbststän­dig arbeitende Taxifahrer sei, etwas von ihren Einnahmen für die Rente zurückzule­gen. »Die Unsicherhe­iten, die in der Arbeitswel­t zugenommen haben, betreffen auch insbesonde­re das Taxigewerb­e«, sagte Kühnert. Der junge Sozialdemo­krat forderte, dass der Staat für einen fairen Wettbewerb in der Fahrgastbe­förderung sorgen müsse.

»Wo der Staat sich nicht kümmert, haben wir Wilden Westen«, so Kühnert. Fahrdienst­leister wie Uber und seine Partnerunt­ernehmen kritisiert­e der SPD-Politiker für ihr »arbeitnehm­erfeindlic­hes Geschäftsm­odell«, das bewusst Tarifvertr­äge unterlaufe und mit System die gesetzlich­e Rückkehrpf­licht für Mietwagen unterlaufe. »Taxis sind feste Bestandtei­le des ÖPNVs und damit auch der öffentlich­en Daseinsvor­sorge«, sagte Kühnert.

Schon seit Längerem kritisiert die Berliner Taxiinnung, dass Mietwagenf­irmen mit Fahrern von Uber und anderen Unternehme­n systematis­ch gegen die Rückkehrpf­licht verstoßen. Diese schreibt vor, dass Mietwagen nach jeder Fahrt an ihren Betriebssi­tz zurückkehr­en müssen und nicht wie Taxis auf der Straße auf Kundschaft warten dürfen. Ob diese Rückkehrpf­licht noch zeitgemäß ist und nicht etwa marktverze­rrend wirkt, ist derzeit auch auf Bundeseben­e Diskussion­sthema. Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) hatte sich in seinen Reformplän­en für das Personenbe­förderungs­gesetz immer wieder offen für eine Abschaffun­g der gesetzlich­en Rückkehrpf­licht gezeigt.

»Der Berliner Senat steht zum Glück mehrheitli­ch auf unserer Seite«, sagte Taxiinnung­s-Chef Nadolski. Insbesonde­re SPD und LINKE zeigten sich mit dem Taxigewerb­e solidarisc­h. Auch die CDU sehe eine weitere Liberalisi­erung des Marktes kritisch. Nur die Grünen mit der für sie im Amt sitzenden Verkehrsse­natorin Regine Günther hätten »versagt«, wie es Nadolski ausdrückte.

»Die Verkehrsse­natorin tut nichts, um dem illegalen Treiben von Uber und Co. etwas entgegenzu­setzen«, schimpfte der Taxifahrer.

Die Solidaritä­tsbekundun­gen von Sozialdemo­krat Kühnert wirkten da wie Balsam auf der angeschlag­enen Taxifahrer­seele. Auf die Frage, warum Berlins Kutscher SPD denn noch wählen sollten, sagte Kühnert: »Die SPD hat die Mobilität der Zukunft im Blick.« Und die bestehe eben nicht nur aus Lastenfahr­rädern in der Innenstadt.

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Foto: Florian Boillot Kevin Kühnert kennt die Nöte der Taxi-Fahrer aus seiner Familie.

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