»Za psawa Serbow« – die Rechte der Sorben stärken
Der Minderheitenschutz für Sorben sowie für Sinti und Roma soll in der Landesverfassung Brandenburgs verbessert werden
Das niedersorbische »Za psawa Serbow« heißt ins Deutsche übersetzt soviel wie: Die Rechte der Sorben sollen gestärkt werden. Brandenburgs LINKE kümmert sich darum.
In der Lausitz leben etwa 60 000 Einwohner, die zur kleinen slawischen Minderheit der Sorben gezählt werden. Sie sprechen jedoch nicht alle die gleiche Sprache. Es gibt das Niedersorbische in der brandenburgischen Niederlausitz, das dem Polnischen ähnelt, und das Obersorbische in der sächsischen Oberlausitz, das näher mit dem Tschechischen verwandt ist. In einigen katholisch geprägten Dörfern der Oberlausitz bestehen darüber hinaus sprachliche Eigentümlichkeiten gegenüber dem Obersorbischen in den historisch von Protestanten bestimmten Gebieten. Zudem finden sich in der Gegend des Ortes Schleife Mischformen des Ober- und des Niedersorbischen.
Es ist nicht leicht, für eine kleine Minderheit, dies alles zu bewahren. Doch in Brandenburg garantiert seit 1992 die Landesverfassung die Rechte der Sorben. In der aktuellen Fassung sind sie in Artikel 25 niedergelegt. Das sorbische Volk – in der Regel wird alternativ auch von den Wenden gesprochen – hat demnach Anspruch auf »Schutz, Erhaltung und Pflege seiner nationalen Identität und seines angestammten Siedlungsgebietes«. Das Land und die Gemeinden sind verpflichtet, »die kulturelle Eigenständigkeit und die wirksame politische Mitgestaltung« des sorbischen Volkes zu fördern. Versprochen werden Bewahrung und Förderung der
Sprache »im öffentlichen Leben und ihre Vermittlung in Schulen und Kindertagesstätten«. Dazu gehört die zweisprachige Beschriftung von Ortseingangsund Straßenschildern.
Die LINKE dringt nun darauf, die in der Verfassung verbrieften Rechte der nationalen Minderheiten zu erweitern. Dabei denkt sie nicht nur an die Sorben, sondern auch an die deutschen Sinti und Roma sowie an die Pflege der Regionalsprache Niederdeutsch. In einem von der Linksfraktion im Landtag vorgelegten Entwurf zur Änderung der Verfassung soll es sich in Artikel 25 um das Recht auf nationale Identität und Muttersprache drehen. Die in Brandenburg lebenden Angehörigen nationaler Minderheiten, die nach einem EU-Rahmenübereinkommen zu ihrem eigenen Schutz als solche anerkannt sind, haben »das Recht, ihre ethnische, kulturelle und sprachliche Identität frei zum Ausdruck zu bringen, zu bewahren und weiterzuentwickeln, frei von jeglichen Versuchen, gegen ihren Willen assimiliert zu werden«. So heißt es in der »nd« vorliegenden Fassung.
Assimilation bedeutet in diesem Zusammenhang das Ablegen der Eigenheiten und die völlige Anpassung an die deutschen Nachbarn. Dieses Schicksal erlitten seit dem Mittelalter die verschiedenen slawischen Stämme, die auf heute ostdeutschem Gebiet siedelten und im Zuge der Ostexpansion unter deutsche Herrschaft gerieten. Darunter waren auch die zahlreichen Sorben, die einst weit über die Grenzen der Lausitz hinaus siedelten. Nur in einem begrenzten Gebiet haben sie sich bis heute halten können.
»Das Bekenntnis zu einer nationalen Minderheit ist frei und darf weder bestritten noch nachgeprüft werden«, heißt es weiter im Verfassungsentwurf der Linksfraktion. Hintergrund dieser Formulierung ist, dass die Sorben nur dann eine Chance haben, weiter zu überdauern, wenn sich Deutsche dazu entschließen, durch Einheiraten in eine sorbische Familie oder einfach so die Sprache zu erlernen und die Bräuche zu pflegen.
Ein herausragendes Beispiel dafür ist Měto Nowak. Geboren wurde er als Martin Neumann in Berlin in einer Familie ohne jeden Bezug zu den Sorben. Er lernte die Sprache erst ein bisschen, dann perfekt, arbeitete im Witaj-Sprachenzentrum, übernahm Funktionen im Dachverband Domowina und ist heute Referent der Landesbeauftragten für Angelegenheiten der Sorben.
Der Landesverband deutscher Sinti und Roma wird seit 2018 mit 5000
Euro im Jahr für das Gedenken an die Verfolgung der Volksgruppe in der NSZeit vom Land Brandenburg unterstützt. So ist der Bahnhof von Prenzlau inzwischen auch niederdeutsch als Bahnhof Prentzlow beschildert. In der Verfassung aber tauchen Sinti und Roma sowie das sogenannte Plattdeutsche bisher nicht auf.
Hier setzt die Linksfraktion an. In Artikel 25, Absatz 2 der Landesverfassung soll Niederdeutsch als »unverzichtbarer Bestandteil des kulturellen Erbes des Landes Brandenburg« verankert und künftig geschützt und gepflegt werden. Was zu den Sorben bisher in Artikel 25 stand, soll sich künftig in Artikel 25a finden. Der neu eingefügte Artikel 25b lautete dann: »Die nationale Minderheit deutscher Sinti und Roma hat das Recht auf Schutz und Förderung ihrer Identität durch das Land. Das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände wirken der Diskriminierung von Angehörigen der Minderheit entgegen und halten die Erinnerung an den nationalsozialistischen Völkermord wach.«
Die Linksfraktion hat ihren Entwurf an SPD, CDU, Grüne und Freie Wähler übermittelt. »Mit der Übermittlung des Gesetzentwurfs verbinden meine Fraktion und ich persönlich die Erwartung, dass es bis Ende Februar gelingt, auf möglichst breiter Basis einen gemeinsamen Gesetzentwurf zu erarbeiten«, erklärt Fraktionschefin Kathrin Dannenberg. Die LINKE erinnert daran, dass Minderheitenpolitik im Landtag in den letzten zehn Jahren fast immer fraktionsübergreifend getragen gewesen sei, so auch bei den Novellierungen des Sorben/Wenden-Gesetzes 2014 und 2018.