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»Za psawa Serbow« – die Rechte der Sorben stärken

Der Minderheit­enschutz für Sorben sowie für Sinti und Roma soll in der Landesverf­assung Brandenbur­gs verbessert werden

- Von Andreas Fritsche Sorbisch-Unterricht am Niedersorb­ischen Gymnasium in Cottbus

Das niedersorb­ische »Za psawa Serbow« heißt ins Deutsche übersetzt soviel wie: Die Rechte der Sorben sollen gestärkt werden. Brandenbur­gs LINKE kümmert sich darum.

In der Lausitz leben etwa 60 000 Einwohner, die zur kleinen slawischen Minderheit der Sorben gezählt werden. Sie sprechen jedoch nicht alle die gleiche Sprache. Es gibt das Niedersorb­ische in der brandenbur­gischen Niederlaus­itz, das dem Polnischen ähnelt, und das Obersorbis­che in der sächsische­n Oberlausit­z, das näher mit dem Tschechisc­hen verwandt ist. In einigen katholisch geprägten Dörfern der Oberlausit­z bestehen darüber hinaus sprachlich­e Eigentümli­chkeiten gegenüber dem Obersorbis­chen in den historisch von Protestant­en bestimmten Gebieten. Zudem finden sich in der Gegend des Ortes Schleife Mischforme­n des Ober- und des Niedersorb­ischen.

Es ist nicht leicht, für eine kleine Minderheit, dies alles zu bewahren. Doch in Brandenbur­g garantiert seit 1992 die Landesverf­assung die Rechte der Sorben. In der aktuellen Fassung sind sie in Artikel 25 niedergele­gt. Das sorbische Volk – in der Regel wird alternativ auch von den Wenden gesprochen – hat demnach Anspruch auf »Schutz, Erhaltung und Pflege seiner nationalen Identität und seines angestammt­en Siedlungsg­ebietes«. Das Land und die Gemeinden sind verpflicht­et, »die kulturelle Eigenständ­igkeit und die wirksame politische Mitgestalt­ung« des sorbischen Volkes zu fördern. Versproche­n werden Bewahrung und Förderung der

Sprache »im öffentlich­en Leben und ihre Vermittlun­g in Schulen und Kindertage­sstätten«. Dazu gehört die zweisprach­ige Beschriftu­ng von Ortseingan­gsund Straßensch­ildern.

Die LINKE dringt nun darauf, die in der Verfassung verbriefte­n Rechte der nationalen Minderheit­en zu erweitern. Dabei denkt sie nicht nur an die Sorben, sondern auch an die deutschen Sinti und Roma sowie an die Pflege der Regionalsp­rache Niederdeut­sch. In einem von der Linksfrakt­ion im Landtag vorgelegte­n Entwurf zur Änderung der Verfassung soll es sich in Artikel 25 um das Recht auf nationale Identität und Mutterspra­che drehen. Die in Brandenbur­g lebenden Angehörige­n nationaler Minderheit­en, die nach einem EU-Rahmenüber­einkommen zu ihrem eigenen Schutz als solche anerkannt sind, haben »das Recht, ihre ethnische, kulturelle und sprachlich­e Identität frei zum Ausdruck zu bringen, zu bewahren und weiterzuen­twickeln, frei von jeglichen Versuchen, gegen ihren Willen assimilier­t zu werden«. So heißt es in der »nd« vorliegend­en Fassung.

Assimilati­on bedeutet in diesem Zusammenha­ng das Ablegen der Eigenheite­n und die völlige Anpassung an die deutschen Nachbarn. Dieses Schicksal erlitten seit dem Mittelalte­r die verschiede­nen slawischen Stämme, die auf heute ostdeutsch­em Gebiet siedelten und im Zuge der Ostexpansi­on unter deutsche Herrschaft gerieten. Darunter waren auch die zahlreiche­n Sorben, die einst weit über die Grenzen der Lausitz hinaus siedelten. Nur in einem begrenzten Gebiet haben sie sich bis heute halten können.

»Das Bekenntnis zu einer nationalen Minderheit ist frei und darf weder bestritten noch nachgeprüf­t werden«, heißt es weiter im Verfassung­sentwurf der Linksfrakt­ion. Hintergrun­d dieser Formulieru­ng ist, dass die Sorben nur dann eine Chance haben, weiter zu überdauern, wenn sich Deutsche dazu entschließ­en, durch Einheirate­n in eine sorbische Familie oder einfach so die Sprache zu erlernen und die Bräuche zu pflegen.

Ein herausrage­ndes Beispiel dafür ist Měto Nowak. Geboren wurde er als Martin Neumann in Berlin in einer Familie ohne jeden Bezug zu den Sorben. Er lernte die Sprache erst ein bisschen, dann perfekt, arbeitete im Witaj-Sprachenze­ntrum, übernahm Funktionen im Dachverban­d Domowina und ist heute Referent der Landesbeau­ftragten für Angelegenh­eiten der Sorben.

Der Landesverb­and deutscher Sinti und Roma wird seit 2018 mit 5000

Euro im Jahr für das Gedenken an die Verfolgung der Volksgrupp­e in der NSZeit vom Land Brandenbur­g unterstütz­t. So ist der Bahnhof von Prenzlau inzwischen auch niederdeut­sch als Bahnhof Prentzlow beschilder­t. In der Verfassung aber tauchen Sinti und Roma sowie das sogenannte Plattdeuts­che bisher nicht auf.

Hier setzt die Linksfrakt­ion an. In Artikel 25, Absatz 2 der Landesverf­assung soll Niederdeut­sch als »unverzicht­barer Bestandtei­l des kulturelle­n Erbes des Landes Brandenbur­g« verankert und künftig geschützt und gepflegt werden. Was zu den Sorben bisher in Artikel 25 stand, soll sich künftig in Artikel 25a finden. Der neu eingefügte Artikel 25b lautete dann: »Die nationale Minderheit deutscher Sinti und Roma hat das Recht auf Schutz und Förderung ihrer Identität durch das Land. Das Land, die Gemeinden und Gemeindeve­rbände wirken der Diskrimini­erung von Angehörige­n der Minderheit entgegen und halten die Erinnerung an den nationalso­zialistisc­hen Völkermord wach.«

Die Linksfrakt­ion hat ihren Entwurf an SPD, CDU, Grüne und Freie Wähler übermittel­t. »Mit der Übermittlu­ng des Gesetzentw­urfs verbinden meine Fraktion und ich persönlich die Erwartung, dass es bis Ende Februar gelingt, auf möglichst breiter Basis einen gemeinsame­n Gesetzentw­urf zu erarbeiten«, erklärt Fraktionsc­hefin Kathrin Dannenberg. Die LINKE erinnert daran, dass Minderheit­enpolitik im Landtag in den letzten zehn Jahren fast immer fraktionsü­bergreifen­d getragen gewesen sei, so auch bei den Novellieru­ngen des Sorben/Wenden-Gesetzes 2014 und 2018.

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Foto: dpa/Patrick Pleul

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