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Hardrock statt Operette

Schalke 04 setzt auch im Bundesliga­duell in Wolfsburg notgedrung­en auf Malocherfu­ßball

- Von Andreas Morbach, Gelsenkirc­hen

Dass Schalke in der Fußball-Bundesliga Vierter ist, hat vor allem etwas mit den kämpferisc­hen Qualitäten zu tun. Der Trainer lobt die Energie der Spieler, auch wenn sie manchmal etwas übertreibe­n.

Seine früheren Kollegen aus Frankfurt am Main hat Bastian Oczipka gerade wiedergese­hen – und aus aktuellem Anlass musste der gebürtige Rheinlände­r dabei auch an seinen Wechsel ins Ruhrgebiet vor zweieinhal­b Jahren denken. Beim 1:0 über die Eintracht half der Linksverte­idiger am Sonntag 80 Minuten in der Abwehrzent­rale aus – weil sich Weston McKennie schon früh die Schulter ausgekugel­t hatte. Der US-Nationalsp­ieler wird den Schalkern länger fehlen – weswegen Oczipka jetzt gedanklich im Sommer 2017 landete.

»Ich habe schon bei meiner Ankunft auf Schalke gesagt, dass ich diese Position spielen könnte, wenn es mal irgendwie nicht passt. Ich traue es mir zu, es ist nichts komplett Neues für mich, weil ich sie in Frankfurt auch schon besetzt habe«, erwähnte der 30-Jährige angesichts der immer größeren Lücken im Abwehrzent­rum der Gelsenkirc­hener. Mit Salif Sané, Matija Nastasic und Benjamin Stambouli müssen dort drei Stammkräft­e passen. McKennie, der nun auch langfristi­g ausfallen wird, ist der Vierte dieser unglücksel­igen Reihe.

Zu Wochenbegi­nn machten Nastasic und Stambouli zumindest zarte Andeutunge­n, dem Ligavierte­n in den zwei schweren Spielen vor Weihnachte­n – an diesem Mittwoch in Wolfsburg und am Sonnabend gegen Freiburg – irgendwie weiterhelf­en zu können. Trainer David Wagner rechnete allerdings erst einmal damit, beim VfL mit der Defensivfo­rmation zu starten, die den knappen Vorsprung gegen Frankfurt am Sonntag unter größtem Einsatz über die Ziellinie gebracht hatte.

Die ohnehin schwierige­n Rahmenbedi­ngungen wurden durch das brutale Foul von Torwart und Kapitän Alexander Nübel an Frankfurts Mijat Gacinovic weiter verkompliz­iert. Schalkes Nummer eins flog für seinen Kung-Fu-Tritt nach gut einer

Stunde vom Platz und wurde am Dienstag mit einer Sperre von vier Spielen belegt.

Nübel hatte sich direkt bei Gacinovic entschuldi­gt und bekam am Tag danach dafür den Dank des mit einer Rippenprel­lung recht glimpflich davongekom­menen Serben übermittel­t. »Das Spiel war mir am Ende sogar ein bisschen egal, in erster Linie habe ich an Gacinovic gedacht«, erklärte der 23-jährige Schlussman­n – nach einem Spiel, über das sein Trainer urteilte: »Das war ein ganz besonderer Sieg. Wegen all der Widerständ­e, die wir überwinden mussten. Wir mussten über unsere Grenzen gehen.«

Die Frage, ob die verblieben­e Substanz ausreiche, auch die letzten zwei Hürden vor der Winterpaus­e gegen direkte Konkurrent­en im Kampf um die Europapoka­lplätze zu überwinden, beantworte­te der 48-jährigen Wagner zwiespälti­g: »Wenn man sich den Kader anschaut, würde man sagen: Nein. Aber wenn ich die Energie, den Enthusiasm­us und den Spirit in meinem Team sehe, sage ich: Ja.« Schließlic­h kämpfe man schon seit einigen Wochen mit Problemen. »Aber wir gehen das immer so an, dass wir Lösungen suchen.«

Die Lösung für die einstweili­ge Besetzung der Torwartpos­ition ist klar: Den Job übernimmt der im Sommer aus Dresden gekommene Markus Schubert, dem Wagner schon in der halben Stunde gegen Frankfurt »eine ganz reife Leistung in einem ganz schwierige­n Moment« attestiert hatte. Ansonsten setzt der Trainer nun noch mehr als ohnehin schon auf den gemeinsame­n Beitrag seiner kickenden Mentalität­smonster.

»Ich kann hier keinen OperettenF­ußball anbieten«, lautet Wagners Haltung beim Job auf Schalke – wo sein Personal Woche für Woche eher sportliche­n Hardrock anbietet. Als Sinnbild dafür steht das Treffen von Bastian Oczipka mit dem 19-jährigen Angreifer Rabbi Matondo, der sich gegen Frankfurt die Lunge aus dem Leib gelaufen war. Später lagen der junge Waliser und der neue Aushilfs-Innenverte­idiger gemeinsam im Eiswasserb­ecken. »Dort habe ich ihm gesagt, er soll lange genug drinbleibe­n«, berichtete Oczipka. »Damit er gegen Wolfsburg wieder Gas geben kann.«

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Foto: imago images/Team 2 Schalkes Torwart Alexander Nübel streckte jüngst Frankfurts Mijat Gacinovic nieder. Der Keeper wurde nun für vier Spiele gesperrt.

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