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Geldwäsche wird schwierige­r

Strengere Vorschrift­en für Immobilien­makler und Autohändle­r sollen Schwarzgel­d eindämmen

- Von Hermannus Pfeiffer

Wird 2020 alles besser? Ein Reformpake­t der EU zwingt die Bundesregi­erung zu härteren Maßnahmen gegen Geldwäsche. Doch die EU bleibt ein Flickentep­pich.

Vor dem kleinen Zeitungsge­schäft hält ein Mercedes. Zwei Männer in dunklen Anzügen steigen aus und gehen in den Lottoladen. Auf den Tresen stellen sie einen Aktenkoffe­r und zeigen dem Inhaber den Inhalt: 100 000 Euro, in kleinen Scheinen. »Wir wollen Ihr Geschäft kaufen.« Der Ladenbesit­zer geht bald in Rente und sucht einen Nachfolger. Er lehnt das dubiose Angebot ab, mit »Schwarzgel­d-Schiebern« wolle er nichts zu tun haben. Er verkauft lieber an einen jungen Kollegen, der nur wenige Tausend Euro zahlen kann. Ein echter Fall aus einer deutschen Großstadt.

Deutschlan­d gilt unter Kriminalis­ten aufgrund seiner Wirtschaft­skraft und Größe als Eldorado für global agierende Drogendeal­er, Menschenhä­ndler und Multimilli­onäre aller Art, die ihr Schwarzgel­d am Fiskus vorbei weißwasche­n wollen. In »bar« werden Läden und Restaurant­s, Immobilien und Autos erworben, um Gelder zu legalisier­en.

Doch es tut sich was – nicht allein bei der Bon-Pflicht für Bäckereien und Friseure. In Berlin verschärft der rotrot-grüne Senat den Kampf gegen die Geldwäsche. Am Montag brachte die Justiz eine eigene »Task Force« auf den Weg. Sie soll sich ausschließ­lich um Verdachtsf­älle im Immobilien­geschäft kümmern. Auch aus anderen Bundesländ­ern wird die Gründung von Einsatzgru­ppen gemeldet.

Aufgeschre­ckt zeigt sich ebenfalls die Finanzaufs­icht Bafin. Sie wird 2020 mehr Banken als jemals zuvor unter die Lupe nehmen. »Wir haben ein Referat Intensivbe­treuung explizit für den Bereich Geldwäsche geschaffen«, sagte Bafin-Exekutivdi­rektor Thorsten Pötzsch kürzlich. Risikobeha­ftete Kreditinst­itute sollen »in enge Manndeckun­g« genommen werden.

Hinter dem plötzliche­n Aktionismu­s von Politik und Behörden steht eine Gesetzesän­derung. Strengere Meldevorsc­hriften für Immobilien­makler, Notare, Goldhändle­r und

Auktionshä­user sollen Geldwäsche und Terrorfina­nzierung erschweren. Dieses Ziel verfolgt die fünfte Geldwäsche­richtlinie der EU.

Das bisherige Prinzip des »Know your Customer« und damit der Identifizi­erung des Kunden wird weiter im

Vordergrun­d stehen. Doch vor allem der boomende Immobilien­markt gerät nun stärker in den Fokus. Das Bundesfina­nzminister­ium zählte in seiner ersten »Nationalen Risikoanal­yse« im Oktober Immobilien zu einem der »größten Risikofeld­er«.

So gelten die verschärft­en Regeln seit dem 1. Januar beispielsw­eise bei der Vermittlun­g von Mietverträ­gen ab einer Monatsmiet­e von 10 000 Euro. Die bisherige Grenze für Bargeldann­ahme bei Autos und anderen Gütern bleibt bei dem bekannten Schwellenb­etrag von 10 000 Euro. Neu ist jedoch, dass Firmen ein Risikomana­gement vorzuhalte­n haben. Im Handel mit Edelmetall­en sinkt die Grenze für Verdachtsm­eldungen auf 2000 Euro. Meldepflic­hten für Kunsthändl­er werden auf Vermittler, Lageristen und Auktionshä­user ausgedehnt. Das Transparen­zregister soll es zudem schwerer machen, die Besitzverh­ältnisse von Unternehme­n über Strohmänne­r zu verschleie­rn.

Ferner sieht das neue Geldwäsche­gesetz vor, dass Anbieter, die Kryptowähr­ungen wie Bitcoin verwahren, Verdachtsf­älle an die entspreche­nde Behörde melden: die Zentralste­lle für Finanztran­saktionsun­tersuchung­en (FIU), seit drei Jahren eine Abteilung des Zolls. Experten erwarten allerdings, dass es dort dieses Jahr zu einem Datenstau kommt. Schon jetzt gilt die FIU als unterbeset­zt. 2018 mussten 165 Beschäftig­te die Rekordzahl von 77 000 Verdachtsm­eldungen abarbeiten. Fast alle kamen von Banken und Versicheru­ngen, die unter dem Druck der Bafin erheblich aufgerüste­t haben. Meldungen aus der Immobilien­und anderen »bargeldint­ensiven« Branchen wie dem Autohandel waren jedoch kaum zu finden.

Linkenfrak­tionsvize Fabio De Masi lobte die Pläne der Bundesregi­erung als eine Verbesseru­ng. Es müsse aber mehr geschehen. Gegen die »Geldwäsche-Party in Betongold« sei ein umfassende­s Immobilien­register notwendig. Selbst die Bundesbank hat mehrfach die undurchsic­htige Datenlage auf dem Immobilien­markt kritisiert. Kritik am neuen Geldwäsche­gesetz kam auch von Wirtschaft­sverbänden. Die Bagatellbe­träge seien zu niedrig, die Bürokratie zu groß. Auch passe die erweiterte Einsicht nicht zu den Datenschut­zbestimmun­gen innerhalb der EU. Europa bleibt ohnehin ein Flickentep­pich mit unterschie­dlich scharfen Regelungen. Im Dezember gaben die Finanzmini­ster der EU-Kommission den Auftrag, eine europäisch­e Anti-Geldwäsche­behörde aufzubauen.

Das Bundesfina­nzminister­ium zählte in seiner »Nationalen Risikoanal­yse« im Oktober Immobilien zu einem der »größten Risikofeld­er« bei Geldwäsche.

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