nd.DerTag

Unter Monstern

Von Armin Meier Weder die »Befreiung« noch die derzeitige Ordnung sind Lösungen für Iran.

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Es gibt Menschen, die vor ausländisc­hen Monstern zu inländisch­en Monstern fliehen oder umgekehrt. In den Reaktionen auf den Mord am iranischen General Qasem Soleimani meinten einige, die USA hätten die Region von einem Monster befreit. Die einen, die darauf hoffen oder warten, dass die USA (oder andere ausländisc­he Mächte) die Nahostdikt­aturen von ihren tyrannisch­en Monstern befreien, sollten die jüngere Geschichte des Irak studieren: Wie dieses Land, das von US-Truppen von einem Monster namens Saddam Hussein »befreit« wurde, zum Schlachtfe­ld der US-amerikanis­chen und iranischen Vergeltung­sangriffe, aber auch anderer ausländisc­her Machtkämpf­e geworden ist.

Für die anderen werden die inländisch­en Monster zu Helden, weil diese vor ausländisc­hen Monstern warnen. Wie auch Qasem Soleimani für manche Iraner. Diese argumentie­ren: »Er und seine Revolution­sgarden haben verhindert, dass Iran wie Irak, Syrien oder Afghanista­n wird. Sie haben die Grenzen Irans gesichert.«

Die Revolution­sgarden sind wiederum dafür zuständig, auch die Totalitari­tät des Systems zu sichern. So haben die Revolution­sgarden beispielsw­eise die jüngsten Proteste in Iran blutig niedergesc­hlagen. Es gibt einen iranischen Cartoon, der die Situation sehr anschaulic­h macht. Dieser kursierte nach dem Mord Soleimanis in den sozialen Netzwerken. Man sieht einen Menschen mit einem Stiefelabd­ruck am Rücken, der ein Bild mit Trauerflor, auf dem ein Stiefel zu sehen ist, anbetet.

Doch weder die Befreiung, die von außen kommt, noch die Ordnung, die auf der Unterdrück­ung des Volks gründet, ist die Lösung. Solange die Iraner zwischen den ausländisc­hen und inländisch­en Monstern hin- und hergerisse­n sind, solange sich kein dritter Weg findet, sieht man in Iran keine Demokratie.

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