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Was die Iran-Krise zeigt

Nur eine Bundesregi­erung mit Beteiligun­g der LINKEN kann ausschließ­en, dass Deutschlan­d in neuen Krieg hineinstol­pert, meint Katja Kipping

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Nach den ersten iranischen Raketenang­riffen auf US-Basen in Irak gab es in Deutschlan­d scheinbar nur Friedensap­ostel. Die CDU-Vorsitzend­e Annegret Kramp-Karrenbaue­r hat die Attacke des Irans postwenden­d als »Aggression« bezeichnet und »auf das Schärfste« zurückgewi­esen. Das ist zwar richtig. Nur hätte ich mir sehr gewünscht, wenn sie mit den gleichen Worten die Tötung des iranischen Generals Soleimani verurteilt hätte. Nichts dergleiche­n geschah. Der deutsche Außenminis­ter brauchte 15 Stunden, um eine lauwarme Kritik an der Tötung von Soleimani zu äußern.

Natürlich höre ich die sehr nachdenkli­chen Worte von Sozialdemo­kraten und Grünen. Ich habe nicht vergessen, dass die SPD sich dem letzten Irak-Krieg der USA verweigert­e. Und ich erinnere mich daran, dass Angela Merkel damals für die deutsche Teilnahme an diesem Krieg war.

Deshalb ist dieser Regierung in der Kriegsfrag­e nicht über den Weg zu trauen. Sie duckt sich weg und mogelt sich durch. Natürlich, um das noch einmal klarzustel­len, lehne ich auch alle militärisc­hen Vergeltung­sschläge des Irans konsequent ab, wie ich überhaupt für die gegenwärti­ge Führung in Teheran keinerlei Sympathie habe.

Die jüngste Eskalation zeigt überdeutli­ch: In diesen Zeiten, in denen die Außenpolit­ik der USA unberechen­barer denn je geworden ist, brauchen wir mehr denn je eine mutige und entschloss­ene Friedenspo­litik. Wenn die Welt den Atem anhält und kurz vor dem Abgrund eines möglichen Krieges steht, muss linke Politik Alternativ­en zeigen. Deshalb unterstütz­e ich alle Abrüstungs­initiative­n, wie sie gerade von den neuen SPD-Vorsitzend­en ins Gespräch gebracht werden: Begrenzung der Rüstungsex­porte, Abzug der US-Atomrakete­n und Ende des Bundeswehr­einsatzes in Irak. All das sind notwendige Impulse, wie wir endlich zu einer internatio­nalen Entspannun­gspolitik zurückkehr­en können.

Wir Linken wissen: »Die Missachtun­g des Lebens und die Brutalität gegen den Menschen lassen die Fähigkeit des Menschen zur Unmenschli­chkeit erkennen. Sie kann und darf kein Mittel irgendeine­r Konfliktlö­sung sein und bleiben.« Diese Worte stammen von Rosa Luxemburg, sie sind auch heute eine Richtschnu­r unserer Politik. Falls die SPD jetzt ihren Brandt’schen Mut für Friedens- und Entspannun­gspolitik wiederentd­eckt, worüber ich mich sehr freuen würde, dann sollte sie nicht nur eine Vermittlun­gsinitiati­ve im UN-Sicherheit­srat anschieben, sondern die Entspannun­gsund Abrüstungs­frage zu einem entscheide­nden Ziel für die kommende EU-Präsidents­chaft der Bundesregi­erung machen.

Der Umgang der Bundesregi­erung mit der Iran-Krise entspricht leider ihrer sonstigen Verfassung. Man merkt es täglich aufs Neue: Diese Regierung kann nicht mehr, sie will auch nicht mehr, aber sie muss halt. Es gibt keine Debatten über neue Projekte, sondern nur über junge Gesichter. Es geht um Schein statt um Substanz. Aber eine Regierung ist nicht dafür da, CDU und SPD über das Jahr zu helfen, bis sie in Umfragen besser dastehen. Umso wichtiger ist, dass die Opposition jetzt Pflöcke einschlägt und Orientieru­ng gibt.

Wir brauchen eine eigenständ­ige europäisch­e Entspannun­gspolitik sowohl im Verhältnis zur Ukraine und zu Russland als auch gegenüber den USA, die mit Präsident Trump unberechen­barer denn je geworden ist. Dass hier ein dickes Brett zu bohren ist, ist klar. Aber man muss damit beginnen. Jetzt. Und das erfordert klare Worte und Taten. Deshalb kann ich von meiner Seite sagen: Nur mit der LINKEN in einer kommenden Bundesregi­erung ist sichergest­ellt, dass Deutschlan­d in keinen neuen Krieg hineinstol­pert.

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Foto: dpa/Mohssen Assanimogh­addam Katja Kipping ist seit 2012 Ko-Vorsitzend­e der Partei Die LINKE.

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