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Sinn Féin ist zweitstärk­ste Kraft im Dáil

Vorsitzend­e McDonald will Regierungs­chefin werden

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Dublin. Trotz ihres historisch­en Wahlsiegs in Irland ist die republikan­ische Sinn Féin künftig nur zweitstärk­ste Kraft im neuen Parlament. Nach Auszählung aller Stimmen am Dienstagmo­rgen kommt die Partei von Mary Lou McDonald auf 37 der 160 Sitze im Dáil Éireann (Unterhaus). Die Mitte-rechts-Partei Fianna Fáil errang demnach 38 Mandate. Die Fine Gael des bisherigen Premiermin­isters Leo Varadkar verteidigt­e lediglich 35 Sitze.

Die linksgeric­htete Sinn Féin (SF) hatte bei der Parlaments­wahl am Samstag mit 24,5 Prozent die meisten Stimmen erhalten und damit die etablierte­n Parteien Fianna Fáil und Fine Gael überflügel­t. Die Wahlbeteil­igung lag bei knapp 63 Prozent. Aufgrund des komplizier­ten Wahlsystem­s in Irland fällt das Kräfteverh­ältnis im Parlament etwas anders aus.

Das neue Parlament kommt am 20. Februar erstmals zusammen. Sinn-Féin-Chefin McDonald erhob bereits Anspruch auf den Posten der Regierungs­chefin. »Ich werde wohl der nächste Taoiseach (Regierungs­chef)«, sagte sie am Montag in Dublin. Sie führe bereits Gespräche mit kleineren linken Parteien, um auszuloten, ob eine Regierung ohne die beiden großen Mitte-rechts-Parteien möglich sei. Diese hatten eine Zusammenar­beit mit SF vor der Wahl ausgeschlo­ssen.

Der Brexit spielte bei der Stimmabgab­e einer Nachwahlbe­fragung zufolge so gut wie keine Rolle, sondern soziale Probleme wie Wohnungs- und Gesundheit­skrise. Auf diese Themen hatte SF jüngere Wähler angesproch­en. Maßgeblich­en Anteil am Erfolg hat aber auch die Parteichef­in: McDonald übernahm den Vorsitz 2018 vom langjährig­en Parteichef Gerry Adams. Die 50-Jährige, die als sehr durchsetzu­ngsfähig gilt, sammelte internatio­nale Erfahrunge­n vor allem als Mitglied des Europäisch­en Parlaments.

Sinn Féin galt früher als politische­r Arm der Untergrund­organisati­on IRA (Irisch-Republikan­ische Armee) und setzt sich für ein geeintes Irland ein. Sollte es tatsächlic­h zu einer Regierungs­beteiligun­g von SF kommen, dürfte die Forderung nach einem baldigen Referendum über die irische Wiedervere­inigung in Dublin zur offizielle­n Regierungs­linie werden.

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