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Dänen und Friesen in den Bundestag?

Minderheit­enpartei in Schleswig-Holstein kandidiert­e zuletzt im Jahr 1961 auf Bundeseben­e

- Von Dieter Hanisch, Kiel

Erst einmal war ein Vertreter des Südschlesw­igschen Wählerverb­andes im Bundestag vertreten – das war von 1949 bis 1953. Nun diskutiert die Partei, ob ein erneuter Versuch gestartet wird.

Der Südschlesw­igsche Wählerverb­and (SSW), Partei der dänischen und friesische­n Minderheit in Schleswig-Holstein, steht vor einer gravierend­en Entscheidu­ng. Die von der Fünf-Prozent-Hürde befreite Partei überlegt, bei der nächsten Bundestags­wahl zu kandidiere­n. Auf Regionalko­nferenzen wird aktuell über das Pro und Kontra solch einer Neuausrich­tung diskutiert.

Seit 1961 hat der SSW sich nicht mehr an der Bundestags­wahl beteiligt, davor nur einmal erfolgreic­h. Von 1949 bis 1953 hatte es für ein Mandat in Person von Hermann Clausen in Bonn gereicht. In den vergangene­n beinahe sechs Jahrzehnte­n konzentrie­rte sich der SSW ganz auf die politische Arbeit in Schleswig-Holstein. Doch die Veränderun­g der politische­n Landschaft reizt den SSW, schleswigh­olsteinisc­he Interessen­politik auf Bundeseben­e zu repräsenti­eren.

Lars Harms, Wortführer der dreiköpfig­en Abgeordnet­engruppe im Kieler Landtag, war vor der Bundestags­wahl 2017 noch gegen eine bundespoli­tische Ausrichtun­g. Sein Argument: Als Einzelkämp­fer – für einen zweiten Sitz dürften die Wählerstim­men auf gar keinen Fall reichen – könne man im Bundesparl­ament nichts ausrichten. Dieser Gedanke scheint aktuell nicht mehr so viel Überzeugun­gskraft zu haben. Eine bremsende Wirkung kommt eher der Frage nach der Finanzierb­arkeit eines dritten

Wahlkampfs zu, denn die rund 3300 Parteimitg­lieder müssen bereits den Kommunal- und Landtagswa­hlkampf stemmen. Es wäre mit zusätzlich 150 000 Euro zu rechnen.

Der Landesvors­itzende Flemming Meyer ist seit Jahren Befürworte­r eines Antritts bei der Bundestags­wahl. Auf einer Regionalko­nferenz in Büdelsdorf (Kreis Rendsburg-Eckernförd­e) haben sich 84 Prozent der 50 Anwesenden für eine Kandidatur ausgesproc­hen. Weitere Regionalko­nferenzen am 13. Februar in Schleswig, Flensburg und Husum sollen zeigen, wie die Mitglieder dazu stehen. Auf dem Landespart­eitag am 6. Juni soll abgestimmt werden. Denkbar wäre auch ein Beschluss zu einer Mitglieder­befragung.

Die Chance auf ein Mandat im Berliner Bundestag ist nicht einmal so weltfremd. Dazu bedarf es bei der Befreiung von der Fünf-Prozent-Klausel je nach Wahlbeteil­igung 50 000 bis 60 000 Stimmen aus ganz SchleswigH­olstein. Bei der Landtagswa­hl 2012 bekam der SSW 61 000 Stimmen, 2017 waren es rund 49 000.

Und als wolle der SSW bereits seine bundespoli­tische Weitsicht unter Beweis stellen, hat er zur Landtagssi­tzung in der nächsten Woche einen über die Landesgren­zen im Norden hinaus bedeutsame­n Antrag gestellt: Die CDU-geführte Landesregi­erung soll sich auf Bundeseben­e für ein Ende des vereinsrec­htlichen Betätigung­sverbotes der kurdischen PKK und ihrer Schwestero­rganisatio­nen einsetzen. Flemming Meyer begründet den Vorstoß damit, dass das PKKVerbot ein Hemmnis für die Integratio­n von Kurden hierzuland­e darstelle. Eines ist dem SSW mit dem Antrag sicher: Es ist mit einer lebendigen Plenarauss­prache zu rechnen.

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