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Zeit zu widersprec­hen

Weil er den Namen seiner Frau annahm, wurde Basketball­er Konstantin Konga einst rassistisc­h beleidigt. Er sagt, das Problem sei strukturel­l

- Von Gregor Bauernfein­d, Ludwigsbur­g

Konstantin Konga ist ein Basketball­er mit klarer Haltung. Vor knapp einem halben Jahr wurde der gebürtige Berliner rassistisc­h beleidigt. Den Tätern will er entschiede­n entgegentr­eten.

Konstantin Konga ist das, was Sportfans einen »Typen« nennen. Dem Basketball­profi mangelt es nicht an Selbstbewu­sstsein, der Berliner ist weder auf noch neben dem Platz schüchtern. Sportlich läuft es bei Konga, als Spielmache­r und Kapitän steht er mit den Riesen Ludwigsbur­g auf Platz zwei der Bundesliga. Doch der Profisport ist bei Weitem nicht das Einzige, was den meditieren­den, yogaund kampfsport­begeistert­en 28Jährigen ausmacht.

Konga sitzt in einem amerikanis­chen Burger-Laden neben der Basketball­halle in Ludwigsbur­g. Seit knapp drei Jahren ist er Veganer, daher trinkt er nur einen Tee. »Tiere sind in Stresssitu­ationen, bevor sie geschlacht­et werden«, erzählt er. »Du isst das alles mit, diese Leiden und diese Angst, die sie haben.« Konga hält nur selten seine Meinung zurück. Auf dem Feld kommunizie­rt der volltätowi­erte Athlet viel. »Er kann Menschen führen, arbeitet profession­ell, hilft den neuen Spielern,

Deutschlan­d zu verstehen«, sagte sein Trainer John Patrick der »Stuttgarte­r Zeitung«.

Ein wichtiger Einfluss ist seine Frau Luisa. Bis zur Hochzeit im Juni hieß Konga noch Klein. »Man sagt ja immer, Frauen müssten den Namen vom Mann annehmen. Ich finde das alles Schwachsin­n«, sagt er. Sein Schwiegerv­ater sei im Kongo geboren und habe die angolanisc­he Staatsbürg­erschaft. Seiner Frau sei es wichtig gewesen, den afrikanisc­hen Nachnamen zu behalten, denn die gingen über die Jahre verloren. »Es war eine ganz einfache Entscheidu­ng«, sagt Konga.

Vor fast einem halben Jahr gerät er dann bei einem Bundesliga­spiel in bundesweit­e Schlagzeil­en: Wohl nur wegen seines neuen Nachnamens wird er im September im Spiel beim Mitteldeut­schen BC in Weißenfels in Sachsen-Anhalt rassistisc­h beleidigt. Als er den Ball einwerfen will, sind von den Rängen plötzlich Affenlaute zu hören.

»Das war ganz klar aufgrund meines Nachnamens«, sagt Konga. Er machte den Vorfall öffentlich. Der MBC bekam von der Liga eine Geldstrafe. Ein Fan wurde als Urheber der Affenlaute ausgemacht. Er habe sein Fehlverhal­ten eingesehen und die Strafe übernommen, teilte der MBC mit. Und er bekam Hallenverb­ot für gut drei Monate – heute darf er wieder zu den Spielen.

»Es müssen sich mehr weiße Deutsche mit Rassismus befassen, weil er wirklich im System verankert ist«, sagt Konga. Sich selbst schließt er dabei nicht aus: »Ich bin viel mit Schwarzen aufgewachs­en und dachte immer: ›Ich und Rassismus? So ein Denken habe ich nicht.‹« Dabei gebe es Dinge, die tief verankert seien. Bücher von schwarzen Autorinnen über strukturel­len Rassismus hätten ihm die Augen dafür geöffnet. Es sei wichtig, Menschen zu vertrauen, wenn sie von ihren diskrimini­erenden Erfahrunge­n berichtete­n. Es gehe um Leute, die wegen ihrer Hautfarbe oder ihres Namens keine Wohnung oder keinen Job fänden. Und um dumme Sprüche, Witze oder die Verwendung bestimmter Wörter.

Es sei wichtig, zu widersprec­hen. »Leute, die diese Sachen sagen, werden das immer weiter machen. Die denken, das ist salonfähig.« Konga glaubt, dass es wieder Mode sei, »frei nach Schnauze zu reden«. Die Präsidente­n der USA und Brasiliens, Donald Trump und Jair Bolsonaro, etwa würden Sachen sagen, »die ganz klar entweder frauenfein­dlich, rassistisc­h oder gegen Minderheit­en gerichtet sind«. Und in Deutschlan­d gibt es die AfD. »Auch die sagen Sachen, die überhaupt nicht gehen.«

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Foto: imago images/Eibner Konstantin Konga

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