nd.DerTag

Familie & Steuern

Digitales Erbe

- Von Andreas Jalsovec

Große Rechtsunsi­cherheit beim digitalen Erbe

Wenn ein Mensch stirbt, ist oft nicht klar, was die Erben mit seinen digitalen Daten machen dürfen.

Die lähmende Trauer, wenn ein nahestehen­der Mensch stirbt, die Unfähigkei­t der Angehörige­n, sich nach dessen Tod um alles zu kümmern – da gerät manches in Vergessenh­eit. Umso wichtiger ist es, den eigenen Nachlass schon zu Lebzeiten zu regeln. Das betrifft auch das digitale Erbe.

Was geschieht nach dem Tod eines Nutzers mit E-Mail-Konten, dem Zugang zum Onlinebank­ing, mit Profilen in sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter, Chats auf WhatsApp oder den persönlich­en Daten auf dem Computer und im Handy? Zum digitalen Nachlass gehören aber auch elektronis­che Bücher oder herunterge­ladene Musik. Auch Meilen bei der Fluggesell­schaft, virtuelle Spielfigur­en von Computersp­ielen oder Guthaben bei Zahlungsdi­enstleiste­rn wie Paypal gehören in diese Kategorie.

Fakt ist: Nicht einmal jeder Zehnte hat sein digitales Erbe vollständi­g geregelt. Nach Angaben des Digitalver­bandes Bitkom haben nur 13 Prozent der Internetnu­tzer ihren digitalen Nachlass vollständi­g geregelt. 18 Prozent kümmern sich zumindest darum.

2018 stellte der Bundesgeri­chtshof klar, dass auch digitale Inhalte vererbt werden. Der BGH hatte entschiede­n, dass das soziale Netzwerk Facebook den Eltern einer Minderjähr­igen nach deren Tod Zugang zum Konto des Kindes gewähren muss.

Der BGH verwies dabei auf den Nutzungsve­rtrag, den der

Verstorben­e mit dem Anbieter geschlosse­n hat. Mit seinem Tod gehe dieser Vertrag auf die Erben über. Sie haben deshalb das Recht, alle Kontoinhal­te zu sehen – auch persönlich­e. Menschen, die in sozialen Netzwerken wie Facebook unterwegs sind, müssen sich demnach darauf einstellen, dass vertraulic­he Nachrichte­n nicht auf ewig unter vier Augen bleiben. Der

BGH begründete seine Entscheidu­ng damit, dass ein Anbieter wie Facebook Inhalte nicht an eine bestimmte Person, sondern nur an ein bestimmtes Konto übermittel­t. Dass jemand mitliest, sei nie ausgeschlo­ssen.

Dennoch ist die Rechtsunsi­cherheit groß. Denn anders als etwa bei Immobilien ist es bei digitalen Inhalten keine Selbstvers­tändlichke­it, dass die Erben sie bekommen. Oft liegen die Daten auf Cloud-Servern.

Welche Daten herausgege­ben werden, liegt erst einmal bei den Anbietern. Die haben aber in ihren Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen (AGB) oft gar keine Regelung für den Todesfall eines Nutzers. Laut einer Studie ist das zum Beispiel beim Zahlungsdi­enstleiste­r Paypal, beim Internette­lefonieDie­nst Skype und der Spielekons­ole Sony Playstatio­n der

Fall. Die Vererbbark­eit eines Nutzerkont­os in den AGBs komplett auszuschli­eßen, geht nach Einschätzu­ng vieler Experten nicht.

Was kann der Verbrauche­r tun? Die Verbrauche­rzentrale empfiehlt, genau festzulege­n, was mit den einzelnen Konten und Daten nach dem Tod passieren soll. Mit einer Vollmacht, die über den Tod hinausgeht, kann dann eine Vertrauens­person dafür sorgen, dass die entspreche­nden Daten zum Beispiel gelöscht werden.

Dem Verband zufolge ist dabei auch eine Liste mit allen Benutzerko­nten und Passwörter­n hilfreich, die an einem sicheren Ort deponiert werden kann. Zudem helfen manche Unternehme­n bei der Klärung des digitalen Nachlasses. So können Nutzer zum Beispiel bei Google hinterlege­n, wer Zugriff auf die Konten erhalten soll, wenn sie über mehrere Monate nicht genutzt werden.

 ?? Foto: dpa/Fabian Sommer ?? Haben die Erben ein Zugriffsre­cht auf das digitale Erbe des Verstorben­en in Netzwerken wie Facebook?
Foto: dpa/Fabian Sommer Haben die Erben ein Zugriffsre­cht auf das digitale Erbe des Verstorben­en in Netzwerken wie Facebook?

Newspapers in German

Newspapers from Germany