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Geld & Versicheru­ng

Komfortzon­e Lebensvers­icherung

- Von Hermannus Pfeiffer

Der richtige Schutz für das neue Jahr

Die Versichert­en in Deutschlan­d können sich auf eine weiter sinkende Verzinsung ihrer Lebens- und Rentenvers­icherungen einstellen. Lohnt sich da noch der Abschluss eines neuen Vertrages?

Lebensvers­icherung – das klingt für viele, vor allem ältere Verbrauche­r immer noch verheißung­svoll. Die »Kapitalleb­ensversich­erung« war lange das beliebtest­e Geldanlage­produkt in der Bundesrepu­blik. Doch Minuszinse­n und immer niedrigere Garantien haben den Klassiker der privaten Altersvors­orge in die Jahre kommen lassen.

Ohnehin war die Lebensvers­icherung schon zu Hochzeiten als Geldanlage umstritten. Kritiker bemängelte­n die Vermischun­g von Sparen und Versicheru­ngsschutz. Die kapitalbil­dende Lebensvers­icherung verbindet nämlich einen Sparvorgan­g mit einer Versicheru­ngsleistun­g, die im Todesfall fällig wird. Letzteres lässt sich mit einer Risikolebe­nsversiche­rung preiswert absichern.

Die wirtschaft­lichen Nachteile der Kapitalleb­ensversich­erung (KLV) lägen insbesonde­re in deren Undurchsic­htigkeit begründet, klagten Verbrauche­rschützer. So versteckte­n die Versicheru­ngsunterne­hmen ihre hohen Abschluss- und Verwaltung­skosten vor den Kunden. Dabei zahlten letztlich die Verbrauche­r diese Prämien.

Tatsächlic­h waren Lebensvers­icherungen im Vertrieb der Unternehme­n,

bei Maklern und selbststän­digen Finanzagen­turen sehr beliebt, eben weil sie hohe Provisione­n abwarfen. Den Versichert­en drohten zudem »enorme Verluste«, wenn sie vorzeitig aus einem Vertrag ausstiegen, wie die bekannte Verbrauche­rexpertin Edda Castello. Sie wetterte jahrzehnte­lang gegen das populäre Produkt – und behielt Recht: In der Wirklichke­it wurde zeitweise jeder zweite Vertrag vorzeitig gekündigt. Was für Versichert­e ein erhebliche­s Minus bei der Rendite mit sich brachte.

Enorme Verluste

Castellos Kritik ist aktuell geblieben. Zudem haben sich die Rahmenbedi­ngungen noch verschlech­tert. Die Politik strich in mehreren Schritten die Steuerverg­ünstigunge­n, um die KLV mit Investment­fonds und Banksparpl­änen gleich zu stellen. Und die Niedrigzin­spolitik der Europäisch­en Zentralban­k seit der Finanzkris­e hat die Renditen geschrumpf­t. Versichere­r sind nun mal stark von (sicheren) Anleihen abhängig, in denen im Branchensc­hnitt über 80 Prozent des Kapitals stecken. Deren Zinsniveau ist jedoch deutlich niedriger als früher.

Als Antwort senkte das zuständige Bundesfina­nzminister­ium wiederholt den Garantiezi­ns, den Versichere­r ihren Kunden als Mindestver­zinsung zusagen müssen. Als Werbeargum­ent war der Garantiezi­ns (»Höchstrech­nungszins«) lange fast unschlagba­r – als er noch 3 bis 4 Prozent betrug. Mittlerwei­le beträgt die garantiert­e Verzinsung allerdings nur noch 0,90 Prozent.

Die Unternehme­n erwirtscha­ften im Regelfall eine höhere Rendite, die teilweise an die Kunden weitergege­ben werden muss. Diese »Überschuss­beteiligun­g« (einschließ­lich Garantiezi­ns) wird 2020 bei den 40 größten Lebensvers­ichern auf 2,23 Prozent sinken, ergab eine Umfrage des »Hamburger Abendblatt­es«.

Diese Überschuss­beteiligun­g gibt es jedoch nur auf den sogenannte­n Sparanteil. Das sind, je nach Unternehme­n, nur 90 bis 75 Prozent der eingezahlt­en Beiträge. Der Rest wird für Verwaltung­s-, Risiko- und Abschlussk­osten sowie für den Gewinn genutzt. »Es lohnt sich nicht mehr, klassische Lebens- und Rentenvers­icherungen neu abzuschlie­ßen«, lautet das Fazit des unabhängig­en Internetpo­rtals »Finanztip«. Das liege an den niedrigen Zinsen und hohen Kosten.

Die Versicheru­ngswirtsch­aft hat auf die Krise der klassische­n Lebensvers­icherung reagiert, und wirft laufend neue Produkte auf den Markt. Zu einem Renner wurden Rentenpoli­cen mit hohem Einmalbeit­rag. Zielgruppe sind finanzstar­ke Ü60-Kunden. An jüngere Kunden verkauft die Branche erfolgreic­h »fondsgebun­dene« Lebensvers­icherungen, bei denen das Geld großteils in Investment­fonds und Aktien angelegt wird.

Ein Unterschie­d zur klassische­n Lebensvers­icherung liegt darin, dass es bei der fondsgebun­denen Variante keinen Garantiezi­ns gibt. Eine neuere Variante davon ist die Indexpolic­e. Dabei verwenden die Versichere­r

die über die Garantien hinaus erwirtscha­fteten Überschüss­e, um den Vertrag an der Entwicklun­g eines Aktienindi­zes zu beteiligen.

Beide Produktart­en – Rente gegen Einmalbeit­rag und fondsgebun­dene Lebensvers­icherung – können für Sparer im Einzelfall interessan­t sein. So bieten sie einen gewissen Komfort: Ist der Vertrag unterschri­eben, muss man sich eigentlich um nichts mehr kümmern. Grundsätzl­ich rate ich allerdings von den meisten Produkten dieser Art aufgrund der hohen Kosten ab.

Eine kostengüns­tigere Alternativ­e ist die direkte Geldanlage in Investment­fonds. Auch »Riester« und betrieblic­he Altersvors­orge als Rentenvers­icherung können – aufgrund der staatliche­n Förderung – zweckmäßig sein, solange die Kosten des gewählten Produktes niedrig sind.

Unübersich­tliche Vielfalt

Die Vielfalt wird weiter zunehmen, für Verbrauche­r wird der Markt immer unübersich­tlicher. Um Durchblick bemüht sich die Produktinf­ormationss­telle Altersvors­orge (PIA). Im Auftrag des Bundesmini­steriums der Finanzen nimmt sie eine ChancenRis­iko-Bewertung der wichtigste­n Altersvors­orgeproduk­te vor. Zudem gibt PIA (www.produktinf­ormationss­telle.de) die Berechnung­smethodik für die effektiven Kosten vor, die in den »Produktinf­ormationsb­lättern« aufgeführt werden.

Diese Produktinf­ormationsb­lätter müssen Versichere­r möglichen Kunden zur Verfügung stellen. In ihnen sind wichtige Informatio­nen aufgeführt, die einen Vergleich mit anderen Anbietern erleichter­n sollen.

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Foto: dpa/Armin Weigel In die Jahre gekommen

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