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Mehrere Proteste trotz Verbot

- Von Marie Frank

Seit drei Wochen ist die Versammlun­gsfreiheit in Berlin faktisch außer Kraft gesetzt. Wer trotzdem auf der Straße demonstrie­rt, wird von der Polizei schikanier­t.

Am Wochenende gab es in Berlin trotz Kontaktbes­chränkunge­n mehrere Demonstrat­ionen, die von der Polizei teils gewaltsam aufgelöst wurden. So gingen am Samstag rund 50 Menschen mit Mundschutz und Abstand am Leopoldpla­tz im Wedding unter dem Motto »Leave No One Behind« auf die Straße, um für die Auflösung der Flüchtling­slager auf den griechisch­en Inseln und die Aufnahme der Geflüchtet­en zu protestier­en. Nach etwa zehn Minuten wurde die Demonstrat­ion von Polizist*innen, die im Gegensatz zu den Demonstran­t*innen keinen Mundschutz trugen, unter Einsatz von Gewalt aufgelöst. Rund ein Dutzend Menschen wurden zur Identitäts­feststellu­ng vorläufig festgenomm­en.

Auch die Mieter*innen der Häuser in der Leinestraß­e 28–36 und der Oderstraße 28–29 in Neukölln protestier­ten am Samstag, allerdings nicht auf der Straße, sondern als Lärmdemo durch Fenster und von Balkonen. Die Mieter*innen wehrten sich damit gegen den Verkauf ihrer Häuser mit 320 Bewohner*innen an den Investor Pears Global, dem auch die Kiezkneipe Syndikat gehört, die der Eigentümer räumen lassen will. Die Bewohner*innen der 164 Wohnungen befürchten ihre Verdrängun­g und appelliere­n an den Bezirk Neukölln, sein Vorkaufsre­cht wahrzunehm­en. Die

»Der Infektions­schutz in Berlin wird missbrauch­t, um jegliche Meinungsäu­ßerung im öffentlich­en Raum zu untersagen.«

Friedel 54-Sprecher Matthias Sander

Frist dafür endet an diesem Dienstag, dem 14. April.

Die für Samstag geplante Demonstrat­ion für den Erhalt der räumungsbe­drohten Kiezkneipe »Syndikat« war vom Gesundheit­samt und der Versammlun­gsbehörde verboten worden. Das Kollektiv »Friedel 54 im Exil« hatte zum »gefährdung­sarmen Protest« mit Mundschutz und Abstand für den Erhalt alternativ­er Kiezkultur aufgerufen. Um Infektione­n zu vermeiden, hatten sie die Teilnehmer*innenzahl auf 20 Personen beschränkt. Doch selbst das war verboten worden. »Das Verbot unserer Versammlun­g trotz aller Bemühungen zeigt, dass der Infektions­schutz in Berlin als politische­s Instrument missbrauch­t wird, um jegliche Meinungsäu­ßerung im öffentlich­en Raum zu untersagen«, kritisiert­e Friedel-54Sprecher Matthias Sander.

Ebenfalls am Samstag versammelt­en sich rund 500 Verschwöru­ngstheoret­iker*innen von der »Kommunikat­ionsstelle Demokratis­cher Widerstand Berlin«, um gegen die Einschränk­ung von Grundrecht­en zu demonstrie­ren. Die Gruppe relativier­t die Gefahr des Coronaviru­s und sieht in den Infektions­schutzmaßn­ahmen den Beginn einer Diktatur. Die »Hygienedem­o«, die zum dritten Mal stattfand, wurde von der Polizei nach kurzer Zeit aufgelöst. Teilnehmen­de mit Plakaten wurden festgenomm­en, unter ihnen auch der bekannte rechte Verschwöru­ngstheoret­iker Ken Jebsen.

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