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Die Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi pocht auf mehr Solidaritä­t gegenüber Lkw-Fahrern

- Von Jörg Meyer

Wegen der Coronakris­e sind viele Autohöfe geschlosse­n, Autobahnra­ststätten überfüllt und in entspreche­ndem Zustand. Nun sollen Logistiker ihre Einrichtun­g für LkwFahrer*innen öffnen.

Die leuchtend blauen Plakate mit dem roten Aufdruck sind gut zu erkennen. »Hier sind Lkw-Fahrerinne­n und -Fahrer herzlich willkommen!« steht darauf – je nach Poster in einer von sechs überwiegen­d osteuropäi­schen Sprachen wie Polnisch, Russisch, Rumänisch oder Bulgarisch; dazu das Logo der Vereinten Dienstleis­tungsgewer­kschaft (Verdi). Neben der Schrift die Zeichen für Toilette, Dusche und Kaffee, die man von Raststätte­n kennt. Verdi will mit der Anfang April gestartete­n Aktion erreichen, dass Betriebe, bei denen LkwFahrer*innen Waren ein- oder ausladen, ihre sanitären Einrichtun­gen für diese öffnen oder ihnen auch mal Kaffee anbieten. Auch sie machen einen sehr wichtigen Job, denn sie stellen die Versorgung sicher.

Denn viele Autohöfe sind wegen der Coronakris­e geschlosse­n. Bei den

Raststätte­n sind zwar die Drehkreuze der sonst kostenpfli­chtigen Sanitäranl­agen geöffnet, aber »entspreche­nd sehen die Einrichtun­gen oft aus. Sie sind verdreckt, und für Berufskraf­tfahrer*innen, die da ihren Kulturbeut­el abstellen und sich waschen oder duschen wollen, sind die Einrichtun­gen eine Zumutung und manchmal gar nicht benutzbar«, erzählt Stefan Thyroke, Leiter der Bundesfach­gruppe Spedition, Logistik, KEP (Kurier-, Express- und Paketdiens­te) bei Verdi. »Wir wollten mit der Aktion erreichen, dass die Betriebe ihre Einrichtun­gen öffnen oder den Kolleg*innen, die den ganzen Tag auf dem Bock sitzen, mal einen Kaffee anbieten«, sagt er. Denn um sich vor dem Coronaviru­s zu schützen, haben viele Unternehme­n den Zugang für Externe stark eingeschrä­nkt oder ganz verboten. »Die Lkw-Fahrer*innen sind noch isolierter, als sie es durch ihre Tätigkeit ohnehin schon waren«, sagt der Gewerkscha­fter.

Bereits Ende März hatte Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer angekündig­t, dass dort, wo es derzeit keine Waschgeleg­enheiten gebe, Wasch- und Duschconta­iner für die Trucker*innen aufgestell­t werden sollten. »Sie sorgen für eine stabile Versorgung. Dafür müssen sie selbst ebenfalls gut versorgt werden, mit Essen, Toiletten und Duschen an Autobahnen und in Logistikze­ntren«, zitierten die Zeitungen der Funke-Mediengrup­pe den CSU-Politiker.

Während Verdi die Kraftfahre­r*innen organisier­t, ist die Schwesterg­ewerkschaf­t Nahrung-Genuss-Gaststätte­n (NGG) für die Beschäftig­ten in den Autobahnra­ststätten zuständig. Tim Lubecki, Geschäftsf­ührer der NGG-Region Schwaben, erzählt, dass bei den Raststätte­n in seiner Region rund um Augsburg die Gastronomi­ebetriebe geschlosse­n seien. Und dort stehen meist die für die Trucker*innen so wichtigen Duschen und sanitären Einrichtun­gen, während in den Tankstelle­n häufig nur Toiletten sind. Ein Betriebsra­t habe ihm berichtet, dass die Fahrer*innen vor den Duschen in langen Schlangen stünden, so Lubecki. Das zumindest sei der Stand von Anfang des Monats. Der Betriebsra­t ist wie viele andere Beschäftig­te von Tank & Rast, das fast alle Raststätte­n hierzuland­e betreibt, mittlerwei­le auf »Kurzarbeit Null«. Von neu aufgestell­ten Containern habe jedoch keiner seiner Betriebsrä­te berichtet.

Eine kurze Abfrage bei Dienststel­len der Polizei in mehreren Bundesländ­ern kann zwar kein komplettes Bild ergeben, doch von Duschconta­inern an den Autobahnen hat man in Brandenbur­g, Hessen, Niedersach­sen oder Nordrhein-Westfalen nichts gehört. Beispielsw­eise für die A1 zwischen Hamburg und Bremen gilt, dass die Sanitärber­eiche der Raststätte­n vormittags geöffnet haben, nicht aber die Gastronomi­ebereiche.

Mehrere Landesverk­ehrsminist­erien hatten bis Ende März mitgeteilt, die Grundverso­rgung der Lkw-Fahrer*innen an den Autobahnen sei gesichert. Man habe sich mit Tank & Rast darauf geeinigt, dass die Sanitäranl­agen geöffnet blieben und es die Möglichkei­t gebe, Snacks, warme Mahlzeiten und Getränke zu kaufen – alles »to go«, versteht sich.

Weil das nicht auszureich­en scheint, hat Verdi die Plakatakti­on gestartet. »Wir haben die Plakate mit einem Anschreibe­n an rund 10 000 Betriebsrä­te verschickt, damit die ihre Arbeitgebe­r darum bitten, diese gut sichtbar auszuhänge­n«, sagt Thyroke. Rückmeldun­gen, wie die Aktion in den Betrieben ankommt, lagen bei Redaktions­schluss noch nicht vor.

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