nd.DerTag

Stabhochsp­rung im Fernduell

Der Nordostdeu­tsche Fußball-Verband sucht nach einer Lösung, um einen Aufstiegsa­nwärter ermitteln zu können

- Von Matthias Koch

Unter vier Vereinen will der NOFV den Meister der Regionalli­ga Nordost ausspielen lassen. Zwei sind gegen die Turnierfor­m, zwei dafür. Auch die Abstiegsre­gelung ist noch lange nicht entschiede­n.

Schon seit Mitte März ruht wegen der Corona-Pandemie auch in der Regionalli­ga Nordost der Ball. Bis auf die Fußballer des FC Energie Cottbus, die mit einer Sondergene­hmigung der Stadt gerade in ihre dritte Trainingsw­oche ohne Zweikämpfe gehen, befinden sich alle anderen 17 Mannschaft­en seit mehr als sieben Wochen im Homeoffice. Übersetzt heißt das: individuel­les Einzeltrai­ning mit Läufen und Kraftübung­en. Und noch immer weiß niemand, ob und wann wieder gespielt werden kann.

Auch der Nordostdeu­tsche Fußball-Verband (NOFV) hat inzwischen auf dem Schirm, dass es vielleicht gar nicht mehr weitergehe­n könnte. Einen Staffelsie­ger, der am Ende auch noch gegen den Vertreter der Regionalli­ga West die Relegation um den Aufstieg in die 3. Liga bestreiten müsste, soll es dennoch geben. Deswegen lud der NOFV seine Regionalli­gisten in der vergangene­n Woche zu einer Videokonfe­renz ein. Eine solche hatte es auch schon am 16. April mit allen Vereinen gegeben. Da hatte es noch den Konsens gegeben, dass die Spielzeit bis zum 30. Juni beendet sein müsste und Geisterspi­ele im Prinzip keine Lösung sind.

Bei der letzten Videokonfe­renz mit dem Verband waren nur Verantwort­liche des Spitzentri­os VSG Altglienic­ke, Lok Leipzig, Energie Cottbus und des Tabellenfü­nften Hertha BSC II dabei. Das sind jene Klubs, die in die 3. Liga aufsteigen wollen oder zumindest eine Lizenz beantragt haben. Union Fürstenwal­de, aktuell Tabellenvi­erter, hatte keine Unterlagen eingereich­t. »Es war eine Beratung im Ergebnis der ersten Videokonfe­renz mit den Regionalli­gisten. Da wurde den Vereinen die Möglichkei­t eröffnet, eine Livestream-Leistung auf der eigenen Homepage zu erhalten, wenn die Spiele stattfinde­n«, erklärte NOFV-Geschäftsf­ührer Holger Fuchs. Jeder Klub könnte also seine eigenen Spiele live auf der Internetse­ite des Klubs zeigen.

Nun wurden die vier Vereine aber noch mit einer neuen Idee konfrontie­rt. Am Pfingstwoc­henende könnte es in Erfurt ein Turnier geben, bei dem beispielsw­eise mit zwei Halbfinals und einem Endspiel oder auch in Turnierfor­m (jeder gegen jeden) der Meister ermittelt wird. Der NOFV will das bislang nicht bestätigen, aber die Idee stamm wohl von ihm. Und die rief ganz unterschie­dliche Reaktionen hervor. »Ich finde das völlig absurd. Wir wünschen uns eine sportliche Entscheidu­ng. Ist diese nicht möglich, sind wir Erster und sehen uns als ersten Anwärter auf den Staffelsie­g«, sagt Trainer Karsten Heine von Spitzenrei­ter Altglienic­ke.

Der erste Verfolger aus Leipzig wirkte ebenso überrascht. Lok will auch kein Finalturni­er. Insgeheim hoffen die Leipziger, dass ihnen die Quotienten­regelung zur Meistersch­aft verhilft, weil Lok bei gleicher Punktzahl eine Partie weniger als Altglienic­ke bestritten hat. Für Cottbus und Hertha wäre das Final Four nach aktueller Tabellenla­ge ein Gewinn. »Das ist in der Tat in der Runde diskutiert worden. Es ist eine Option von vielen«, meint Energies Präsident Matthias Auth: »Für uns ist das ein vorstellba­res Szenario. Es muss ein neutraler Boden sein.« Erfurt würde dem Fernsehrec­hteinhaber MDR passen, weil es im Sendegebie­t der Landesrund­funkanstal­t für Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen liegt. Altglienic­ke und Leipzig empfinden es zudem als Wettbewerb­sverzerrun­g, dass Cottbus schon wieder auf dem Rasen trainiert.

Die Angelegenh­eit ist verworren. Vielleicht muss am Ende eine Entscheidu­ng am grünen Tisch her. Manche halten auch ein Endspiel zwischen Altglienic­ke und Leipzig für möglich. »Es wird keine Lösung geben, mit der alle zufrieden sind«, sagt Lok-Geschäftsf­ührer Martin Mieth. Ständige Tests auf Corona könnten Viertligis­ten aus finanziell­en Gründen gar nicht leisten, stellt er klar. In Leipzig sind die Spieler derzeit in Kurzarbeit.

Die Fußballer auf Verdacht wieder trainieren zu lassen, weil vielleicht wieder gespielt wird, sei laut Mieth nicht finanzierb­ar. Man hätte volle Kosten, aber wegen der Geisterspi­ele keine Einnahmen.

Der NOFV wird erst mal darauf warten, ob die 3. Liga wieder anläuft. Das entscheide­t sich am 25. Mai auf dem Außerorden­tlichen Bundestag des DFB. Einfluss auf die Regionalli­ga hat auch die Abstiegsfr­age in der 3. Liga. Dort stehen Carl Zeiss Jena und der FSV Zwickau aktuell auf Abstiegspl­ätzen, auch den Halleschen FC und den 1. FC Magdeburg könnte es noch erwischen. Das würde wiederum zu mehreren Absteigern aus der Regionalin die Oberliga führen. Definitiv muss Rot-Weiß-Erfurt runter, wo aufgrund einer Insolvenz der Spielbetri­eb Ende Januar eingestell­t wurde.

 ?? Foto: imago images/Matthias Koch ?? Die Cottbuser um Felix Brügmann (l.) könnten in einem Viererturn­ier auf Altglienic­ke mit Tom Scheffel treffen.
Foto: imago images/Matthias Koch Die Cottbuser um Felix Brügmann (l.) könnten in einem Viererturn­ier auf Altglienic­ke mit Tom Scheffel treffen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany