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Covid-19 in Fleischere­ien

Schlachtho­f im Norden schließt – im Süden wird weiterprod­uziert

- Dha

Bad Bramstedt. Erstmals hat in Deutschlan­d ein Schlachtho­f seine Produktion eingestell­t, weil viele seiner Beschäftig­ten mit dem Coronaviru­s infiziert sind. Der Vion-Schlachtho­f in Bad Bramstedt (Schleswig-Holstein) hat seine rund 260-köpfige Belegschaf­t in außerplanm­äßige Betriebsfe­rien geschickt. Es ist nach MüllerFlei­sch in Birkenfeld (BadenWürtt­emberg) der zweite Schlachtbe­trieb, der einen Corona-Hotspot bildet.

In beiden Fällen sind osteuropäi­sche Arbeitskrä­fte mit Werksvertr­ägen die Hauptbetro­ffenen. Ihre spartanisc­hen Wohnverhäl­tnisse mit Mehrbettzi­mmern, gemeinsame­n sanitären Anlagen und oft nur einer einzigen Kochstelle zeigen sich in einer Pandemie als hochgefähr­lich. In Birkenfeld sind seit Ostern 300 Rumänen positiv getestet. Für alle wurde Quarantäne verordnet. Noch nicht Infizierte­n bleibt nur noch gestattet, sich daheim, am Arbeitspla­tz oder auf der Wegstrecke dazwischen aufzuhalte­n.

In Schleswig-Holstein wurden bis zum Wochenende 49 positive Corona-Tests bei Rumänen und Albanern registrier­t, aber noch liegen nicht alle Testergebn­isse vor. Betroffen ist eine im benachbart­en Kreis Steinburg von den Osteuropäe­rn bewohnte ehemalige Kasernenan­lage. Dort wurden alle 108 Bewohner unter Quarantäne gestellt. Zweimal täglich werden sie nun untersucht. Die meisten positiv Getesteten haben schwache oder gar keine Krankheits­symptome.

Dass der Betrieb von MüllerFlei­sch mit seinen insgesamt 1100 Mitarbeite­rn anders als im Fall Vion weiterläuf­t, löst bei Beobachter­n Verwunderu­ng aus. Als Schlachtbe­trieb zählt er aber zur sogenannte­n kritischen Infrastruk­tur. Die Firmenleit­ung verweist auf strenge Hygienemaß­nahmen und das Tragen von FFP2–Masken. Befragt nach den schlechten Behausunge­n der Beschäftig­ten, verweist MüllerFlei­sch auf die Verantwort­ung der Subunterne­hmer, bei denen die Werkverträ­ge unterschri­eben werden. Nach kritischer Berichters­tattung über die Wohnbeding­ungen in Gemeinscha­ftsunterkü­nften hat der Fleischfab­rikant mittlerwei­le angekündig­t, sich an den Unterbring­ungskosten für infizierte Osteuropäe­r beteiligen zu wollen – auch wenn man dies wegen der Verantwort­ung der Subunterne­hmer nicht müsse.

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