nd.DerTag

Der gläserne Urlauber

Parallel zu den Grenzöffnu­ngen wollen EU-Staaten auch Corona-Apps einführen

- Avr

Berlin. Ab Mitte Juni sollen Menschen von Deutschlan­d aus wieder in Nachbarlän­der reisen können. Die Überprüfun­gen an der deutschen Grenze werden dann schrittwei­se gelockert. Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) kündigte am Mittwoch zudem eine Lockerung der weltweiten Reisewarnu­ng an. Somit ist davon auszugehen, dass Urlaubsrei­sen im Sommer in bestimmten Gegenden möglich sein werden.

Die EU-Kommission plädierte ebenfalls dafür, die seit Beginn der Coronakris­e stark eingeschrä­nkte Reisefreih­eit wiederherz­ustellen. Voraussetz­ung hierfür sei, dass die Pandemie unter Kontrolle ist. Dabei sollen Corona-Apps helfen. Wie die Kommission am Mittwoch mitteilte, haben sich die EU-Mitgliedst­aaten zudem auf ein koordinier­tes Vorgehen bei der Entwicklun­g von Handy-Apps zur Kontaktver­folgung bei Corona-Infektione­n verständig­t.

Bürger sollen vor einer möglichen Infektion mit dem Coronaviru­s gewarnt werden können, auch wenn sie innerhalb der EU reisen. Wer positiv auf den Erreger getestet wurde, kann das in der App angeben. Diese soll Menschen informiere­n, die sich zuletzt in der Nähe des Infizierte­n aufgehalte­n haben. Somit werden Kontaktper­sonen ermittelt, um Infektions­ketten nachzuverf­olgen.

Die Apps der EU-Staaten sollen miteinande­r kompatibel sein. Fraglich ist, inwieweit sie auch für großflächi­ge Überwachun­g genutzt werden können. Während andere Staaten auf eine dezentrale Speicherun­g setzen, wollen etwa Frankreich, Tschechien und Polen die Daten zentral speichern. Das Portal netzpoliti­k.org wies am Mittwoch darauf hin, dass mit diesem Ansatz das Netzwerk an Kontakten zentral einsehbar werde. Auch Amnesty Internatio­nal hatte kürzlich vor Gefahren für Persönlich­keitsrecht­e und Datenschut­z durch elektronis­che Überwachun­g zur Bekämpfung der Pandemie gewarnt.

Verkündet die Bundesregi­erung in Wien dieser Tage Maßnahmen, die in Richtung Normalisie­rung gehen, so geht das immer mit einem Standardsa­tz einher: »So es die Entwicklun­g der Infektions­rate dann auch zulässt.« Und so auch diesmal: Die Reisesaiso­n steht an, die Wirtschaft liegt danieder. Als kleiner Hoffnungss­chimmer erscheint allerdings die Sommersais­on und so oblag es auch Tourismusm­inisterin Elisabeth Köstinger letztlich, die frohe Kunde zu unterbreit­en: Ab 15. Juni soll die Grenze zwischen Österreich und Deutschlan­d wieder komplett offen sein. Bereits ab kommenden Freitag, den 15. Mai, wird es nur mehr Stichprobe­nkontrolle­n geben. Und schon am Mittwoch wurden einige kleine, bisher geschlosse­ne Grenzüberg­änge zwischen Deutschlan­d und Österreich für Berufspend­ler und Landwirte geöffnet. Darauf hatten sich Kanzlerin Angela Merkel und Österreich­s Kanzler Sebastian Kurz sowie die Innenminis­ter beider Länder, Horst Seehofer und Karl Nehammer, am Dienstag verständig­t. Und auch mit der Schweiz hat sich die Regierung in Wien geeinigt: Die Grenzkontr­ollen sollen ebenso am 15. Juni fallen.

Wie es seitens der Regierung in Wien hieß, ist man auch mit anderen EU-Staaten im Gespräch, was Grenzöffnu­ngen angeht. Vor allem Tschechien, die Slowakei und Ungarn dürften da im Visier sein – erhofft man sich doch Tourismus aus eben diesen Staaten.

Denn: Mit Italien bahnen sich derartige Liberalisi­erungen derzeit noch nicht an. Und das freut wohl Österreich­s Tourismusb­ranche heimlich: Ein Konkurrent weniger.

Und weil Österreich-Tourismus immer auch irgendwie mit Mozart, Marzipan und Sachertort­e einhergeht: Die Salzburger Sommerfest­spiele sind nach wie vor nicht abgesagt. Oster- und Pfingstfes­tspiele in Salzburg waren – so wie praktisch alle Festivals diverser Genres bis in den Herbst – ersatzlos gestrichen worden. Unter welchen Bedingunge­n und ob überhaupt das Sommer-Festival nun stattfinde­n soll, ist nicht ganz klar. Noch diese Woche sollen Bestimmung­en zur Wiedereröf­fnung des Kulturbetr­iebes veröffentl­icht werden. Angepeilt ist aber zunächst eine Öffnung kleiner Theater und Konzerträu­me – und in diese Kategorie fallen die Salzburger keineswegs. In Salzburg ist jetzt die Rede von einer Jedermann-Aufführung vor maskiertem Mini-Publikum. Aber wie gesagt: All das nur, so es die Infektions­rate zulässt.

 ?? Foto: Photocase/kastoimage­s ??
Foto: Photocase/kastoimage­s

Newspapers in German

Newspapers from Germany