»Problem Kemmerich«
Thüringer FDP-Chef lässt Amt im Vorstand ruhen
Erfurt. Kein Mundschutz, zu wenig Abstand – auch zu Rechten und Anhängern von Verschwörungstheorien: Immer mehr Vorwürfe prasselten auf Thüringens früheren Kurzzeit-Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich (FDP) ein, nachdem er bei einer Demonstration gehen die Corona-Maßnahmen in Gera mitlief. Nun zieht der Liberale erste Konsequenzen und zieht sich aus dem FDP-Bundesvorstand zurück. Er lasse sein Mandat im FDP-Bundesvorstand ruhen, teilte der 55-Jährige am Mittwoch nach einer Sondersitzung des Vorstands mit. Der Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, warf ihm vor, der Partei »schweren Schaden« zugefügt zu haben. Es ist nicht das erste Mal, dass sich Liberale in Berlin verwundert über das Agieren des Thüringer FDPChefs die Augen reiben.
Kemmerich ließ sich am 5. Februar mit Stimmen von AfD, CDU und FDP zum Ministerpräsidenten wählen – und nahm die Wahl an. Erst nach bundesweiter Empörung mit Protesten in zahlreichen Städten trat er zurück. »Das Problem, das Thomas Kemmerich darstellt, ist natürlich schon ein längeres«, sagte Buschmann. »Das ist das zweite Mal in kurzer Zeit, wo er der FDP schweren Schaden zufügt.« Er könne nur hoffen, dass dies das letzte Mal gewesen sei.
Kemmerichs Auftritt in Gera wurde auch als erneut fehlende Distanz zur AfD und rechten Gruppen gewertet. In Gera sollen auch Rechtspopulisten und Verschwörungstheoretiker an der Demonstration teilgenommen haben. Kemmerich hat eine Nähe zur AfD immer vehement bestritten. »Meine Beteiligung an der Demonstration am vergangenen Samstag in Gera
»Das Problem, das Thomas Kemmerich darstellt, ist schon ein längeres. Das ist das zweite Mal in kurzer Zeit, wo er der FDP schweren Schaden zufügt.«
Marco Buschmann, Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion war ein Fehler, schon deshalb, weil es den politischen Gegnern meiner Partei jede Möglichkeit bot, die berechtigten Anliegen einer kritischen Prüfung der aktuellen Regierungspolitik in der Corona-Krise zu denunzieren und zu diffamieren« sagte Kemmerich.
Organisator der Demonstration in Gera war der Unternehmer Peter Schmidt. Er hatte Kemmerich als Redner mit den Worten »Für mich ist er unser einziger aktuell legitimer Ministerpräsident« angekündigt. Kemmerich widersprach ihm nicht.
Thüringens CDU distanzierte sich von der Veranstaltung. Ihr kommissarischer Chef Christian Hirte bezeichnete die Aussage Schmidts als »Unsinn«. »Es ist unbestritten, dass nach dem Rücktritt Kemmerichs der jetzige Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) ganz korrekt und rechtsstaatlich ins Amt gewählt wurde.«
Schmidt legte am Mittwoch sein Amt im Landesvorstand des CDUWirtschaftsrates nieder. Er wolle dem Wirtschaftsrat, den er sehr schätze, nicht schaden, aber weiterhin frei seine Meinung äußern.
Am Donnerstagabend soll der Thüringen Landesvorstand der FDP über Kemmerichs Auftritt in Gera beraten.