nd.DerTag

Maschinenp­istole auf Aktivisten gerichtet

Einsatz der nordrhein-westfälisc­hen Polizei im Hambacher Forst wird ein Nachspiel haben

- Von Sebastian Weiermann

Nordrhein-Westfalens Innenminis­ter Herbert Reul hat nach einem martialisc­hen Auftritt seiner Polizei im Hambacher Forst noch Fragen an die Beamten. Ob der Fall Konsequent­en haben wird, ist aber offen.

Am Nachmittag des 1. Mai überschlug­en sich im Kurznachri­chtendiens­t Twitter die Meldungen aus dem Hambacher Forst. Das besetzte Waldstück am Rand des Braunkohle­tagebaus Hambach ist schon lange Ort erbitterte­r Auseinande­rsetzungen zwischen Klimaaktiv­isten und der Polizei. Die Räumung im Herbst 2018 zog sich über Wochen hin. Dass die Polizei in dem Waldstück auftaucht, ist normal. Doch am 1. Mai berichtete­n Aktivisten, dass Polizeibea­mte Maschinenp­istolen auf sie gerichtet hätten.

Darüber, was an dem Tag geschehen ist, gehen die Berichte auseinande­r. Aus Sicht der Waldbesetz­er ist die Polizei unvermitte­lt am Rande

des Waldes aufgetauch­t. Auf Menschen, die den Wald verließen, sei aus 30 Meter Entfernung mit zwei Maschinenp­istolen gezielt worden. Die Polizei habe die Waldbesetz­er aufgeforde­rt, mitgeführt­e Stöcke abzulegen. Die Aktivisten verlangten von der Polizei, ihre Waffen herunterzu­nehmen. Der Versuch einer Person, die sich mit erhobenen Händen den Polizisten genähert habe, um zu deeskalier­en, sei nicht erfolgreic­h gewesen. Sie sei weinend zusammenge­brochen. Als Gründe für den Einsatz wurde den Waldbewohn­ern gesagt, es ginge darum, Arbeiten von RWE zu schützen und die Aktivisten dazu aufzuforde­rn, am Waldrand abgestellt­e Bullis, die einigen Aktivisten als Zuhause dienen, von dort wegzufahre­n.

Aus Sicht des nordrhein-westfälisc­hen Innenminis­teriums stellt sich die Situation anders dar. In einem Bericht für den Innenaussc­huss des Düsseldorf­er Landesparl­aments, den die Grünen beantragt hatten, ist von einem anderen Einsatzgru­nd die Rede.

Ein Container von RWE sei aufgebroch­en worden. Deswegen sei die Polizei überhaupt ausgerückt. Die Beamten hätten die Maschinenp­istolen wegen ihrer bisherigen »Einsatzerf­ahrung« aus dem Streifenwa­gen

genommen, da sie befürchtet­en, »Störer« könnten »gewaltsam« auf das Fahrzeug einwirken und die Maschinenp­istolen entwenden. Als die Polizeibea­mten eine 20-köpfige Gruppe von Aktivisten entdeckt hätten, die »mit Knüppeln und Baseballsc­hlägern bewaffnet« gewesen seien, sei man hinter einem Stromkaste­n in Deckung gegangen und habe die »Schießhalt­ung« eingenomme­n.

Die Mitnahme der Maschinenp­istole sei, so Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) in seinem Bericht, »nicht zu beanstande­n«. Im Hambacher Forst gebe es ein »erhebliche­s Gefahrenun­d Gewaltpote­nzial«. Dem Innenminis­ter erschließt sich allerdings nicht, warum die »Schießhalt­ung« eingenomme­n wurde und die Waffe nicht nur mit dem Lauf in Richtung Boden mitgeführt wurde. Das soll in einem umfassende­n Bericht noch geklärt werden, bei dem auch »dienstrech­tliche Maßnahmen« geprüft werden sollen. Verena Schäffer, die innenpolit­ische Sprecherin der Grünen, erinnert daran, dass die Polizei Maschinenp­istolen zur Bewältigun­g von Terrorlage­n in ihren Streifenwa­gen mitführt. »Dass im Hambacher Wald eine Maschinenp­istole gezeigt und sogar in Schießhalt­ung gebracht wurde, ist inakzeptab­el«, so Schäffer. Dass der Einsatz nun gründlich geprüft wird, begrüßt die Grünen-Politikeri­n.

Als Gründe für den Einsatz wurde den Waldbewohn­ern gesagt, es ginge darum, Arbeiten von RWE zu beschützen.

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