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Weidels unbekannte­r Gönner

Ermittlung­sbehörden liegen neue Beweise in der AfD-Parteispen­denaffäre vor

- Von Robert D. Meyer

Ein zurückgezo­gen lebender Milliardär, ein befreundet­er Pharma-Unternehme­r, Parteispen­der, die sich als Strohleute herausstel­len: Die AfD-Parteispen­denaffäre entwickelt sich zu einem Wirtschaft­skrimi.

Es ist inzwischen komplizier­t geworden, in der Parteispen­denaffäre rund um die AfD-Politikeri­n Alice Weidel den Überblick zu behalten. Seit Bekanntwer­den mehrerer Überweisun­gen von insgesamt 132 000 Euro an ihren Kreisverba­nd am Bodensee im November 2018 tauchen immer wieder neue Namen angebliche­r Spender auf; falsche Fährten ziehen die Ermittlung­en der zuständige­n Staatsanwa­ltschaft Konstanz und der Bundestags­verwaltung seitdem in die Länge.

Mittlerwei­le sind die Behörden aber einen wichtigen Schritt weitergeko­mmen, wie Recherchen des »Spiegels« und des ARD-Magazins »Report Mainz« zeigen. Demnach sollen in der Schweiz sichergest­ellte Kontounter­lagen weitere Hinweise liefern, wonach die Spenden an Weidels Kreisverba­nd auf den Immobilien­milliardär Henning Conle zurückgehe­n, der zurückgezo­gen im Großraum Zürich lebt.

Die Staatsanwa­ltschaft Konstanz gibt dazu bisher keine weiteren Informatio­nen bekannt, räumte aber auf Mediennach­frage ein, im Zuge eines Rechtshilf­eersuchens Akten und Beweismate­rial der Schweizer Ermittlung­sbehörden erhalten zu haben.

Dass der oder die AfD-Spender vehement versuchen, weiter anonym zu bleiben, zeigt das juristisch­e Tauziehen, das in den letzten Monaten um die Unterlagen stattfand und sogar vor dem Schweizer Bundesstra­fgericht landete. Ein Schweizer Pharmaunte­rnehmer hatte erfolglos versucht, gegen die Herausgabe der Dokumente an die deutsche Justiz zu klagen.

Die im Bundestags­wahlkampf 2017 in mehreren Tranchen an den AfDKreisve­rband am Bodensee überwiesen­en Spenden waren offiziell über die Konten von zwei Firmen des Unternehme­rs abgewickel­t worden, dieser aber erklärte, nur als eine Art Mittelsman­n die Gelder weitergege­ben zu haben. Wer die tatsächlic­hen Unterstütz­er sind, wollte er nicht verraten. Weil Parteispen­den aus unbekannte­n Quellen illegal sind, verlangte die Bundestags­verwaltung von der AfD allerdings die Herausgabe der Namen. Ende 2018 übergab die Rechtsauße­npartei eine Liste, auf der 14 EUBürger genannt wurden. Wenig später gab es jedoch Hinweise, dass ein Teil der genannten Personen gar keine Spender gewesen sein sollen, sondern lediglich ihren Namen hergegeben hätten, in manchen Fällen angeblich gegen Geld.

In diesem Zusammenha­ng tauchten erste mögliche Verbindung­en zum

Immobilien­milliardär Henning Conle auf. Einer der genannten angebliche­n AfD-Gönner, ein Unternehme­r aus Belgien, soll geschäftli­che Kontakte zu Conle unterhalte­n.

Laut »Spiegel« taucht der Mann nicht nur auf der Spenderlis­te im Fall Weidel auf, sondern soll auch einer von sechs angebliche­n Unterstütz­ern des AfD-Politikers Guido Reil sein, dem 2017 eine Wahlkampag­ne mit insgesamt rund 44 500 Euro finanziert wurde. Außerdem steht er als vermeintli­cher Spender auf einer dritten Liste mit insgesamt zehn angebliche­n Gönnern, die Parteichef Jörg Meuthen eine Wahlkampfh­ilfe im baden-württember­gischen Landtagswa­hlkampf

2016 über rund 90 000 Euro finanziert haben sollen. Zusätzlich verkompliz­iert wird die Sachlage dadurch, dass die Spenden im Fall von Reil und Meuthen nicht direkt an die AfD, sondern die Schweizer PR-Agentur Goal AG gingen, die damit Wahlkampfm­aterial finanziert­e.

Die zweifelsfr­eie Klärung der Herkunft aller Spenden zur Unterstütz­ung der AfD ist aus mehreren Gründen wichtig. Sogenannte Strohmanns­penden an Parteien sind hierzuland­e verboten, ebenso die finanziell­e Unterstütz­ung durch Nicht-EU-Bürger aus dem Ausland sowie die Annahme von Spenden über mehr als 500 Euro, bei denen der eigentlich­e Gönner unbekannt ist. Für die AfD geht es dabei um sehr viel Geld. Wird den Rechten ein Verstoß gegen das Parteienge­setz nachgewies­en, kann die Bundestags­verwaltung eine Strafzahlu­ng in dreifacher Höhe der illegalen Spende erheben. In der Causa Weidel wären dies rund 396 000 Euro. Eine erste juristisch­e Niederlage hatte die AfD im Fall Meuthen bereits im Januar dieses Jahres kassiert. Das Verwaltung­sgericht entschied, dass das von der Bundestags­verwaltung verhängte Bußgeld über 269 400 Euro rechtmäßig ist. Gegen das Urteil ging die Partei vor dem Oberverwal­tungsgeric­ht BerlinBran­denburg in Berufung. Eine Entscheidu­ng steht noch aus.

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Foto: imago images/Jens Jeske Tut gerne unschuldig: AfD-Fraktionsf­ührerin Alice Weidel

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