Man muss auch nicht alles mitmachen
Moritz Wichmann über die Enthaltsamkeit der US-Linken gegenüber Joe Biden
Dass organisierte Linke in den USA sich für Joe Biden kein Bein ausreißen, sollte niemanden wundern. Der führende Präsidentschaftskandidat der Demokraten hat Progressiven zwar ein paar Brotkrumen hingeworfen, polemisiert aber auch gegen Sozialisten. In seinem Wahlkampfmaterial stellt er das Wort »Sozialist« durchgestrichen dar, versehen mit dem Zusatz »und da bin ich stolz drauf«. Es ist absurd zu denken, es könne irgendeinen Platz für Sozialisten in der Kampagne von Biden geben, auch wenn dieser Zugeständnisse an weniger radikale Progressive machen muss.
Dass die Democratic Socialists of America Joe Biden offiziell nicht unterstützen, ist gut. Es zeigt eine neue Stärke der Linken im Land, was Mitgliederwachstum und Präsenz in der Debatte angeht. Man nimmt sich selber ernst, fällt nicht mehr um und reiht sich am Ende ein. Man sucht selber, Stärke aufzubauen. Die nervösen Reaktionen zentristischer Demokratenunterstützer, die auf Social Media per Voter-Shaming und Drohkulisse Unterwürfigkeit gegenüber Biden und seiner Agenda erzwingen wollen, zeigt nur noch einmal die gestiegene Relevanz der DSA-Aktivisten. Sollte Joe Biden die Präsidentschaftswahl verlieren, wird er viel größere Probleme gehabt haben als fehlende symbolische Erklärungen von ein paar linken Aktivisten. Fehlenden Enthusiasmus und zu wenig Stimmen junger Wähler etwa.