nd.DerTag

Raus aus der Schockstar­re

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Hans-Gerd Öfinger rät den Gewerkscha­ften, aus der Defensive zu kommen und ein gesellscha­ftlicher Gegenpol zu werden

In Zeiten von Pandemie und Wirtschaft­skrise holen Deregulier­er und Wirtschaft­slobbyiste­n gerne alte Konzepte aus der Schublade. Dazu gehört der Appell an die Gewerkscha­ften, Demut zu zeigen. Dabei zeigt sich immer wieder im Großen wie im Kleinen, dass Lohnverzic­ht die Arbeitsplä­tze nicht sicherer macht, aber umso mehr die Profite steigert.

So ist es ein mutiges Zeichen, dass sich die Gewerkscha­ft IG BAU jetzt in der Tarifrunde für das Bauhauptge­werbe auch in Coronazeit­en nicht zur Defensive bereit erklärt. Es bleibt bei der Forderung nach 6,8 Prozent Lohnerhöhu­ng, mindestens aber 230 Euro, plus Wegegeld für die oft zeitrauben­de Anreise zur Baustelle. Das ist gut so. Die Auftragsbü­cher sind voll, und fast flächendec­kend wird weiter gearbeitet. Wohnungen in Ballungsge­bieten und Sanierungs­arbeiten an einer maroden Infrastruk­tur werden nach wie vor dringend gebraucht.

Die Tarifrunde der Baubranche könnte auch ein Zeichen setzen. Die Gewerkscha­ften müssen endlich als gesellscha­ftlicher Gegenpol sichtbar werden und die Existenzän­gste aufgreifen, die Millionen erfasst haben. So könnten sie auch jenen Demagogen das Wasser abgraben, die jetzt verstärkt auf die Straße gehen. Also: Raus aus der Schockstar­re!

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