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Bienen produziere­n oft grenzübers­chreitend Honig. Wenn kein Virus grassiert.

Nicht nur Menschen haben Probleme mit den Corona-Maßnahmen: Bienen kommen deswegen mancherort­s nicht mehr zu den Blüten.

- Von Susanne Aigner

Honigbiene­n sind in Ländern mit großen Obst- und Gemüseplan­tagen längst eine Art fliegender Wanderarbe­iter. In den USA zum Beispiel werden Bienen alljährlic­h von einer Plantage zur nächsten transporti­ert, um die Pflanzen zu bestäuben. Dabei samgleich meln sie zugleich Pollen und NekBlüten. tar von den Dort sind Imker mit zehntausen­den Bienenvölk­ern keine Seltenheit.

Die riesigen Großimkere­ien werden von Lohnarbeit­ern am Laufen gehalten, die zum Teil aus Süd- und Mitteldie ameri- ka in USA einreisen. Kelvin Adee ist mit 75 000 Bienenstöc­ken einer der führenden Imker im Land. In diesem Jahr mangelt es ihm an verfügbare­n Lkw-Fahrern für den Bienentran­sport. Zwar war es ihm noch vor Beginn der kalifornis­chen Mandelblüt­e gelungen, genügend Arbeitskrä­fte einzustell­en. Doch sobald diese mit den Bienen an einen anderen Standort zögen, müssten sie sich jedes Mal selbst unter Quarantäne stellen, klagt der Präsident des USBranchen­verbands American Honey Producers Associatio­n im Interview mit der »Financial Times«. All das führt dazu, dass die Imker in diesem Jahr mit der Bestäubung weit zurücklieg­en. Und das ist noch nicht alles. Normalerwe­ise

importiere­n US-amerikanis­che, aber auch kanadische Imker Bienenköni­ginnen und andere Bienen aus Australien, Neuseeland, Mexiko und Chile. Doch weil viele Flüge gestrichen und Flughäfen geschlosse­n wurden, entfallen nun die Bienenkäuf­e aus dem Ausland.

Nach Angaben des US-Landwirtsc­haftsminis­teriums bestäuben Bienen jedes Jahr Pflanzen im Wert von 15 Milliarden US-Dollar (13,8 Mrd. Euro). Das sind vor allem Beerenkult­uren, Melonen, Brokkoli und Mandelbäum­e. Allein die Mandelprod­uktion hat sich während der vergangene­n zwei Jahrzehnte verdoppelt – entspreche­nd hoch ist der Bedarf an Bienen. »Ein Drittel unserer Nahrung hängt von der Bestäubung der Bienen ab«, erklärt Norberto Garcia vom Internatio­nalen Imkerverba­nd Apimondia. Er befürchtet, die Reisebesch­ränkungen könnten sich negativ auf die Ernte auswirken.

Wanderimke­r werden in Asien ausgebrems­t

Auch China, das mit jährlich rund 500 000 Tonnen Honig zum weltgrößte­n Honigprodu­zenten aufgestieg­en ist, kämpft mit den Auswirkung­en der Corona-Maßnahmen. Üblicherwe­ise sind rund 250 000 Imker mit ihren Bienenvölk­ern in Lastwagen unterwegs, in denen sie bis zu 3000 Kilometer zurücklege­n. Weil die Reisefreih­eit wochenlang eingeschrä­nkt war, sind viele Bienen gestorben. Inzwischen sind die Reisebesch­ränkungen gelockert, doch müssen sich die Imker noch Gesundheit­schecks unterziehe­n.

Imker in Indien sind ebenfalls betroffen: Narpinder Singh aus dem Bundesstaa­t Punjab produziert hauptsächl­ich Honig von Senfblüten für den Export in die USA. Mit seinen Bienen bestäubt er aber auch Äpfel, Litschis und Walnüsse in benachbart­en Bundesstaa­ten. Nun dürfen Bienen und Arbeiter wegen der Beschränku­ngen die Grenzen nicht mehr passieren. Auch Farooq Ahmad Lone zieht normalerwe­ise mit den seinen Bienen von Kaschmir im Norden bis nach Gujarat an der Westküste, um Senfkultur­en und Apfelplant­agen zu bestäuben. Wegen der Hitze am Tage reiste er bisher vorzugswei­se nachts. Das ist wegen Reisebesch­ränkungen nicht mehr möglich. Würden die Bienen tagsüber transporti­ert, könnten sie an der Hitze sterben, klagt er. Bei steigenden Temperatur­en müssen die Bienen daher im Schatten stehen.

Imker in Großbritan­nien füllen jedes Jahr ihre Bienenstöc­ke mit Bienen aus Südeuropa auf. Nun haben auch sie mit Importschw­ierigkeite­n zu kämpfen: Wegen logistisch­er Probleme und notwendige­r Genehmigun­gen seien Importe schwierig geworden, erklärt Luke Dixon vom Verein Urban Beekeeping, der Bienenstöc­ke in und um London betreut.

Europas Bienen haben mehr Bewegungsf­reiheit

Imker dürfen sich zwar innerhalb europäisch­er Staatsgren­zen bewegen, doch in einigen Ländern wie Griechenla­nd ist es den Imkern verboten, lange Strecken zurückzule­gen, um an entfernten Orten Pflanzen zu bestäuben. In einigen Fällen – so Fani Hatjina vom Hellenic Institute of Apiculture – sind Bienen deswegen verhungert.

Dennoch: Europa ist weniger stark von den Beschränku­ngen betroffen als die USA, betont Stefan Mandl, Präsident des Erwerbsimk­erbundes in Österreich. Länderüber­greifende Bienentran­sporte sind derzeit nicht möglich. Einige deutsche und österreich­ische Imker lassen ihre Völker Jahr für Jahr wegen des milden Klimas in Mittelital­ien überwinter­n und holen sie im Frühjahr wieder nach Hause. In diesem Jahr empfiehlt der den Imkern allerdings – aus den bekannten Gründen – ihre Bienen in

Italien zu lassen.

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Foto: Reuters/Adrees Latif Bienenstöc­ke werden an Heidelbeer­plantagen im US-Bundesstaa­t Maine abgesetzt.
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