nd.DerTag

Einheit der Konkurrent­en

Sebastian Bähr über vergessene Menschen

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Auf ihrem Treffen am Freitag haben die EU-Finanzmini­ster ihre drei bereits beschlosse­nen »Sicherheit­snetze« zur Bekämpfung der Coronakris­e abgesegnet. Über Kredite des Euro-Rettungssc­hirms ESM, der Europäisch­en Investitio­nsbank und der EU-Kommission sollen zusätzlich­e 540 Milliarden Euro mobilisier­t werden. »In Zeiten der Not«, so Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen, »braucht Europa mehr denn je Einigkeit.« Dass es mit der europäisch­en Einigkeit nicht so weit her ist, zeigt zum einen, dass sich die EU bislang nicht auf einen »Wiederaufb­aufonds« einigen konnte. Zum anderen belegen die neuen Vorgaben der EU-Kommission zu Staatsbete­iligungen an Unternehme­n, dass die Standortko­nkurrenz in Europa auch in der Pandemie nicht schläft.

Jeder Mitgliedst­aat versucht derzeit, mit Milliarden die heimischen Unternehme­n zu stützen, zur Not per Staatsbete­iligungen. Die Kalkulatio­n dahinter ist, möglichst große Teile der eigenen Wirtschaft­spotenzen über die Krise zu retten, um vom Aufschwung danach zu profitiere­n – also die Krisenkost­en auf die anderen Standorte abzuwälzen. Dabei kann ein reicher Staat wie Deutschlan­d Summen ausreichen, von denen ein Land wie Italien nur träumt.

Das weiß auch die EU-Kommission, die daher Staatshilf­en schon immer streng regelt. Aufgrund der Krise gewährt sie den Staaten nun einerseits mehr Möglichkei­ten zur Stützung ihrer Konzerne, schränkt diese aber gleichzeit­ig ein: So müssen die Staaten ihre Beteiligun­gen nach sechs Jahren abbauen. Gerettete Konzerne dürfen vorübergeh­end keine »aggressive Expansion« betreiben, etwa indem sie große Anteile von Wettbewerb­ern aufkaufen. Bei aller beschworen­er Einigkeit bleibt die EU ökonomisch eine Union der Konkurrent­en.

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