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Solidaritä­t verliert an Schwung

Union und mehrere Länder widersprec­hen Scholz’ Vorschlag für einen kommunalen Rettungssc­hirm

- Von Uwe Kalbe Mit Agenturen

In der Großen Koalition knirscht es mächtig. Zum Streit über die Grundrente kommt nun der über einen Rettungssc­hirm, den Vizekanzle­r Olaf Scholz über die Kommunen spannen will.

Seit Wochen schon schlägt der Deutsche Städte- und Gemeindebu­nd die Alarmglock­en. Einen Rettungssc­hirm sieht er als einzigen Ausweg aus der Misere, in die die Coronakris­e die Kommunen bringt, und auch Summen hat er bereits genannt. Mit rund 16 Milliarden Euro Verlust wegen wegbrechen­der Steuern allein in diesem Jahr sei zu rechnen. Hinzu kämen die wachsenden Ausgaben durch die Krise, vor allem wegen sozialer Kosten. Mit einem Steuerminu­s von über 45,7 Milliarden Euro bis zum Jahr 2024 rechnen die Kommunen.

Kein Wunder, dass sie dem jüngsten Vorstoß von Bundesfina­nzminister

Olaf Scholz (SPD) laut Beifall zollen. Der Vizekanzle­r brachte einen Rettungssc­hirm von fast 57 Milliarden Euro in die Debatte. Er soll aus einer akuten Nothilfe von 11,8 Milliarden Euro zum Ausgleich wegbrechen­der Gewerbeste­uereinnahm­en bestehen und darüber hinaus aus einer Summe von 45 Milliarden Euro, gedacht zur Tilgung von Altschulde­n.

Schätzungs­weise 2500 der 11 000 deutschen Kommunen sind wegen ihrer überschuld­eten Haushalte nicht mehr zu den nötigsten Investitio­nen in der Lage. In Städten und Regionen mit hohen Schulden leben nach Einschätzu­ng des Deutschen Städtetags zehn Millionen Menschen.

Der Streit in der Großen Koalition in Berlin betrifft nicht die Tatsache, dass geholfen werden muss, sondern die Frage, wer helfen soll. Die Unionsspit­ze ist der Auffassung, dass dies Sache der betroffene­n Länder sei – das sind insbesonde­re Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland. Auch der Vorschlag von Scholz sieht einen Anteil der Länder an dem Rettungssc­hirm vor, aber eben nicht nur der von überschuld­eten Kommunen betroffene­n Länder.

Und so gesellt sich zum Widerspruc­h von Unionshaus­hältern im Bundestag wie Eckhardt Rehberg – Scholz könne nicht allein über den Bundeshaus­halt verfügen – der aus Ländern wie Bayern. Dessen Finanzmini­ster Albert Füracker (CSU) meinte am Wochenende erbost, die Vorschläge von Bundesmini­ster Scholz werde »Bayern keinesfall­s mitmachen«. Er sprach von einer »Unverschäm­theit«. Auch Baden-Württember­g und Niedersach­sen ließen erkennen, dass sie von Scholz’ Vorschlag nicht viel halten.

SPD-Fraktionsv­ize Achim Post warf Bayern darauf fehlenden Gemeinsinn vor. »Es ist schon ein ganz schön abgeschmac­ktes Spektakel,

wenn der bayerische Ministerpr­äsident (Markus) Söder seit Wochen den großen Krisenmana­ger auf der Bundesbühn­e mimt, aber in dem Moment, wo es einmal um Solidaritä­t über bayerische Landesgren­zen hinaus geht, seinen Finanzmini­ster auf Konfrontat­ion schalten lässt«, sagte Sozialdemo­krat Post. Er sprach von einer »Null-Solidaritä­t-Politik«.

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