Proteste gegen Corona-Demos
Antifaschisten gehen gegen rechtsoffene Treffen auf die Straßen
Berlin. In mehreren deutschen Städten haben am Wochenende erneut Tausende Menschen gegen freiheitsbeschränkende Maßnahmen im Kampf gegen die Verbreitung des Coronavirus demonstriert. Die größte Veranstaltung fand mit etwa 5000 Teilnehmern in Stuttgart statt, weitere Demos gab es unter anderem in München, Frankfurt, Berlin, Hamburg, Bremen, Aachen und Essen. In all diesen Städten gab es erstmals auch Gegenproteste, etwa von Antifaschisten. Die Kritiker weisen daraufhin, dass auf den heterogenen Corona-Kundgebungen auch Verschwörungstheoretiker, extreme Rechte und Antisemiten teilnehmen. Von den Veranstaltern gebe es diesbezüglich keine Abgrenzung.
Der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Gregor Gysi, wertete die Demonstrationen als Ausdruck eines Vertrauensverlustes in die Politik. »Man kann immer sagen, das sind alles Verschwörungstheoretiker – aber warum werden es immer mehr? Weil die etablierte Politik nicht ehrlich handelt«, sagte Gysi gegenüber Medien.
Für Christian Klemm machen Linke in der Coronakrise keine gute Figur
Seit Wochen treiben rechte Verschwörungstheoretiker, esoterische Hippies und andere »Regierungskritiker« auf sogenannten Hygienedemos ihr Unwesen. Sie schwafeln davon, dass IT-Milliardär Bill Gates die Weltherrschaft übernehmen will und davon, dass die Bundesregierung angeblich Zwangsimpfungen gegen das Coronavirus plant. Das ist natürlich Unsinn – und dennoch redet alle Welt darüber, die »Tageschau« und andere Fernsehformate bringen Berichte zur besten Sendezeit. Das zeigt: Die Rechte hat in Deutschland die Diskurshoheit inne. Die außerparlamentarische Linke ist davon weiter entfernt als der Mond von der Erde.
Eigentlich sind die Einschränkungen der Bürgerrechte in der Coronakrise ein linkes Thema. Die »Hygienedemos« auf dem Berliner Rosa-LuxemburgPlatz waren am Anfang auch von Linken geprägt. Die aber haben sich nach und nach verdrängen lassen. Jetzt mobilisiert die Linke zu Demos gegen das Treiben dieser nach rechts driftenden Bündnisse – nicht nur in der Hauptstadt. Die außerparlamentarische Linke ist da, wo sie in jüngster Vergangenheit zu oft gewesen ist: in der Defensive. Sie befindet sich in einer Abwehrschlacht. Mit eigenen Themen kann sie schon länger nicht mehr punkten. Das war einmal anders: zum Beispiel bei den Hartz-IV-Demos und den Kundgebungen gegen den Afghanistan-Krieg. Lange ist es her.