Hart erkämpftes Bürgerrecht
Datenschutzbeauftragte kritisiert zu langsames Verwaltungshandeln
Die Brandenburger Datenschutzbeauftragte Dagmar Hartge plädiert für weniger Ausnahmetatbestände beim Recht auf Akteneinsicht bei Behörden und Verwaltungen.
Seit 30 Jahren gibt es das Akteneinsichtsrecht in Brandenburg. Mehr und mehr werde es von anderen Bundesländern übertroffen, erklärt die brandenburgische Datenschutzbeauftragte Dagmar Hartge am Montag. Hartge übergab in Potsdam ihren Bericht zur Akteneinsicht 2018/2019 an Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD). Die Einsicht in Behördenakten scheitert nach Hartges Angaben vor allem häufig an zu langsamem Verwaltungshandeln.
Andererseits sei das hierzulande erkämpfte Akteneinsichtsrecht keine Selbstverständlichkeit, betonte Hartge. In Bayern, Niedersachsen und Sachsen werde es den Bürgern nach wie vor nicht gewährt.
2019 gingen bei der Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht (LDA) 72 Beschwerden ein, im Jahr zuvor 58. Der Antragsteller müsse sein Ansinnen nicht begründen, so Hartge. Auskünfte wurden laut Bericht in kommunalen Bau-, Ausbau- und Verkehrsfragen, in Fragen der Berechnung von Kita-Gebühren, Baumfällungen auch zu internen Verwaltungsvorgängen verweigert. Begründet wurde dies damit, dass beispielsweise das Gesetz nicht anwendbar sei, die Verfahren noch andauerten, Betriebsund Geschäftsgeheimnisse berührt oder schützenswerte persönliche Daten betroffen seien.
Aufsichtsakte zwischen den kommunalen Ebenen seien stets geheim, im Unterschied zu anderen Ländern auch das Geschäftsgebaren kommunaler und staatlicher Unternehmen, so die Datenschützerin. Sie bemängelte, dass ihr weiterhin Kompetenzen wie etwa das Verhängen von Bußgeldern fehlen. So bleibe ihr als äußerstes Mittel die Beanstandung durch ihre Behörde. Wenn dann immer noch nichts geschehe, bleibe den Bürger*innen nur der Klageweg. Für Brandenburg habe sie aber noch Hoffnung. Es sei an der Zeit, die Notwendigkeit vieler Ausschließungsgründe zu hinterfragen. Das in der Landesverfassung verankerte Recht auf Akteneinsicht müsse geändert werden, »wenn sich die Rahmenbedingungen ändern«. Das sei gerade jetzt wichtig, um auf Verschwörungstheorien und Falschmeldungen reagieren zu können.
Derzeit werde eine SmartphoneApp entwickelt, um in der Coronakrise Begegnungen von Menschen nachvollziehbar zu machen. Es gebe Zusagen, dabei die Grundsätze des Datenschutzes zu berücksichtigen. Ob das auch zutreffen werde, »kann man jetzt noch nicht sagen«, sagte Hartge.
Kostenlos ist der Behördenvorgang auch in Brandenburg nicht. Die angefragten Stellen dürfen Gebühren berechnen und Auslage geltend machen. Ein LDA-Mitarbeiter sprach von
Gebühren von bis zu 100, mitunter auch bis zu 1000 Euro. Das hänge vom Aufwand im Einzelfall ab. Laut Hartge müsse die Angemessenheit gewahrt sein. Die Höhe der Gebühren dürfe niemanden davon abhalten, von seinem Recht auf Akteneinsicht Gebrauch zu machen. Die meisten Anträge auf Akteneinsicht werden naturgemäß im kommunalen Bereich gestellt. Für knapp die Hälfte der Anfragen werde die Internet-Plattform »Frag den Staat« genutzt.
Hartge schilderte einen »ärgerlichen« Fall, in dem das Umweltministerium den Antrag eines Vereins auf Akteneinsicht zur Frage von Anwaltskosten jahrelang nicht beschieden und auch die inzwischen eingeschaltete LDA verstörend lange und unter fadenscheinigen Begründungen hingehalten hat. Es sei zu beobachten, dass gerade große Verwaltungen das Akteneinsichtsrecht »nicht so auf dem Schirm« hätten.
In Brandenburg haben Schüler*inne vergeblich versucht, die Abituraufgaben des Vorjahres samt Bewertungshinweisen zu erhalten, um die eigene Prüfungsvorbereitung zu verbessern. Die Ablehnung sei auch deshalb nicht zu verstehen, weil diese Aufgaben in der Regel in Buchform veröffentlicht werden.