Trump stellt WHO Ultimatum
Neue Attacken der USA überschatten Maßnahmen gegen Corona-Pandemie
Genf. Mit neuen Attacken gegen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat US-Präsident Donald Trump dringend nötige Vereinbarungen zur Bewältigung der Coronakrise in gefährdet. Trump stellte der WHO, die er unter bestimmendem Einfluss aus China sieht, ein Ultimatum. Sollte sich die Organisation nicht in den nächsten 30 Tagen zu »wesentlichen Verbesserungen« verpflichten, werde er die Zahlungen endgültig einstellen und die US-Mitgliedschaft überdenken, heißt es in einem Schreiben an WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus.
Auf der Jahrestagung der WHO wurde am Dienstag per Videokonferenz eine Entschließung verabschiedet, die sich für die faire Verteilung eines Corona-Impfstoffs einsetzt, sobald er auf dem Markt ist. Ärmere Länder haben Sorge, dass reiche Nationen zunächst nur die eigene Bevölkerung bedienen. In der einstimmig angenommenen Resolution wird ein »weltweiter, zeitnaher und gerechter Zugang und ebensolche Verteilung« von Impfstoffen und Medikamenten gegen Covid-19 verlangt. In der Resolution sprechen sich die WHO-Mitglieder für eine unabhängige Untersuchung der Arbeit der Organisation während der Pandemie aus. Die WHO selbst hat eine unabhängige Bewertung ihrer Rolle im Umgang mit der Pandemie angekündigt. Allerdings müsse sich die Organisation zuerst auf den Kampf gegen die weitere Ausbreitung konzentrieren.
Angesichts der jetzigen Pandemie ist es besonders bitter, dass gerade die Weltgesundheitsorganisation durch widerstreitende einzelstaatliche Interessen vor einer Zerreißprobe steht. Wenn mit den USA der bisher führende staatliche Geldgeber nun tatsächlich das Weite sucht, kann das nicht als eine weitere bizarre Trump-Scharade kleingeredet werden. Deutlich weniger Zuwendungen der Einzelstaaten stehen dann im Resultat einem größeren Anteil privater Gelder gegenüber. Private Stiftungen wiederum setzen mit ihrem Beitrag klare Vorgaben, womit sich die Organisation zu beschäftigen habe. Das kollidiert nicht selten mit den Anstrengungen ärmerer Staaten, nachhaltige Gesundheitssysteme zu installieren.
Zu befürchten ist, dass andere westliche Industriestaaten ihre Interessen – erst recht in den Umverteilungskämpfen nach dem Shutdown – vornan stellen und einen höheren WHO-Beitrag gar nicht erst ernsthaft erwägen. Da ist es kaum ein Trost, wenn China mit zusätzlichen Milliarden in die Bresche springt. Ob die Ablösung einer Supermacht durch eine andere an der Spitze der Organisation mehr globale Gerechtigkeit bringt, ist fraglich. Medikamentenspenden, Impfstoffgaben und ärztliche Einsatzgruppen können politischen Einfluss sichern, wessen auch immer. Gerade dann, wenn demokratische Prinzipien bei der Verteilung der Ressourcen immer unwichtiger werden.