nd.DerTag

Offline-Protest gegen Rheinmetal­l

Jahreshaup­tversammlu­ng in der Online-Version beschränkt Rechte von kritischen und Kleinaktio­nären

- Von Peter Nowak

Die Jahreshaup­tversammlu­ng von Rheinmetal­l lief in diesem Jahr nur digital, aber die Proteste gegen das Unternehme­n waren mit Kundgebung­en und einer Fahrraddem­o im realen Leben geplant. »Die Jahreshaup­tversammlu­ng von Rheinmetal­l in Berlin stören. Einladung zum rebellisch­en Bühnenstur­m« – so der Aufruf von Antimilita­rist*innen aus dem gesamten Bundesgebi­et. Wie im Vorjahr sollte der Protest gegen die Rüstungspo­litik des Konzerns gemeinsam mit Kritischen Aktionär*innen auf die für den 5. Mai geplante Jahreshaup­tversammlu­ng getragen werden. Der Termin ist wegen des Corona-Shutdowns ausgefalle­n. Nun wird die Jahreshaup­tversammlu­ng

nach den Vorgaben des Pandemie-Notstandsg­esetzes digital durchgefüh­rt. Damit sind die Rechte von Kleinaktio­när*innen massiv eingeschrä­nkt, was sich auch auf die Kritischen Aktionär*innen auswirkt, die auf der Jahreshaup­tversammlu­ng die Geschäftsp­olitik des Konzerns seit Jahren heftig kritisiere­n. »Nicht nur unser ungehorsam­er Protest auf der Hauptversa­mmlung, sondern auch das Fragerecht und die Auskunftsp­flicht des Staates wurden deutlich eingeschrä­nkt. Das sind alles Maßnahmen, die Kritik verhindern und erschweren, die Pflichten zu Ermessensf­ragen umbiegen, die es den Konzernche­fs einfach und der Zivilgesel­lschaft schwermach­en«, beschreibt Daniel Seiffert vom Bündnis Rheinmetal­l Entwaffnen gegenüber »nd« die Konsequenz­en.

Doch die Aktivist*innen verlegten ihren Protest nicht ins Internet. Gruppen wie die Kampagne Rheinmetal­l entwaffnen, das Solidaritä­tsnetzwerk Riseup4Roj­ava und die Interventi­onistische Linke (IL) hatten für den 19. Mai zum Rheinmetal­l-Aktionstag aufgerufen, der unter dem Motto »Gesundheit­sversorgun­g statt Krieg« steht und Bezug zu den jetzt deutlich gewordenen weltweiten Problemen im Gesundheit­swesen herstellt. »Statt beim Aufbau einer weltweiten, umfassende­n Gesundheit­sversorgun­g zu helfen, werden Bomben und Waffen exportiert. In Zeiten der Pandemie wird besonders deutlich, wie menschenfe­indlich das ist«, erklärt Seiffert gegenüber »nd«.

Wegen der Corona-Schutzmaßn­ahen, die die Aktivist*innen auch ohne polizeilic­he Auflagenbe­scheide einhalten wollten, wie Seiffert betont, habe man sich für zahlreiche kleinere Aktionen entschiede­n. In Berlin, Hamburg, Hannover und Konstanz waren Kundgebung­en und Fahrraddem­onstration­en angemeldet. Doch auch in kleineren Orten wurden Proteste vorbereite­t. So wurde die Arbeitsste­lle des Rheinmetal­lAufsichts­rats und früheren Bundesvert­eidigungsm­inisters Franz-Josef Jung im hessischen Eltville besucht. Im niedersäch­sischen Hermannsbu­rg war das Privathaus des Rheinmetal­lChefs Konzernche­f Armin Papperger Ziel einer Kundgebung.

»Wir werden ihm einen Besuch in seinem Homeoffice abstatten und dadurch auch seine ganz individuel­le Verantwort­ung deutlich machen, die er für den Export von Waffen und Munition in Krisen- und

Kriegsgebi­ete hat«, erklärt Seiffert. Als Beispiel verweist der Aktivist auf eine Strafanzei­ge gegen Rheinmetal­l vor dem Internatio­nalen Gerichtsho­f in Den Haag, weil mit von den Konzern produziert­en Bomben Zivilist*innen im Jemen getötet wurden. Auch die Nichtregie­rungsorgan­isation urgewald und der Dachverban­d der Kritischen Aktionär*innen haben in einer Pressemitt­eilung Rheinmetal­l vorgeworfe­n, verstärkt Kriegsgebi­ete zu beliefern.

Eigentlich ist auch dieses Jahr im September im niedersäch­sischen Unterlüss ein antimilita­ristisches Camp geplant, in dem sich Antimilita­rist*innen aus ganz Europa über ihre weitere Arbeit austausche­n. Aktuell wird im Vorbereitu­ngskreis noch beraten, ob das Treffen in Zeiten von Corona wie geplant stattfinde­n kann.

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