nd.DerTag

Vom Glauben zum Irrsinn

Birthe Berghöfer über skandalöse Äußerungen bei Rapunzel Naturkost

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Bergkrista­lle, mit Kuhmist gefüllte Hörner, Tierschäde­l und gefüllte Rotwild-Blasen – in der biologisch-dynamische­n Landwirtsc­haft trifft man auf so einige bizarre Rituale. Ihren Ursprung finden diese in den Lehren des selbsterna­nnten »Hellsehers« Rudolf Steiner: Der Anthroposo­phie. Deren Landbau wird unter Einbeziehu­ng der Kräfte des Mondes, der Planeten und des Kosmos betrieben und die Geschmacks­entwicklun­g von Äpfeln durch eurythmisc­he Tänze beeinfluss­t. So weit, so harmlos.

Diese spirituell­e Weltanscha­uung wird allerdings zum Problem, wenn sie anfängt, wissenscha­ftliche Erkenntnis­se zu leugnen. Genau damit skandalier­te jüngst der Geschäftsf­ührer von Rapunzel, Joseph Wilhelm: In einer seiner »Wochenbots­chaften« bezweifelt­e er die Wirksamkei­t eines Impfstoffe­s gegen Covid-19, bezeichnet­e die Angst vor dem Virus als »geschürt« und spekuliert­e über ökonomisch­e Interessen hinter der Krise.

Hinweise, »dass eine gesunde Lebens- und Ernährungs­weise den besten Schutz gegen Infektions­krankheite­n darstellt«, vermisse er hingegen. Für den Chef einer Naturkostm­arke mit Umsätzen von 185 Millionen Euro und Produkten in mehr als 30 Ländern ist das nicht nur unternehme­nsschädlic­h – es ist verantwort­ungslos. Denn Mandelmus und Leinöl mag gesund sein oder abschrecke­n – Sars-CoV-2 aber sicher nicht aufhalten.

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