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Früher vor Gefährdern warnen

Amadeu Antonio Stiftung stellt Forderunge­n an Kabinettsa­usschuss zu Rechtsextr­emismus vor

- Von Markus Drescher

Die Bundesregi­erung will härter gegen Rassismus und Antisemiti­smus vorgehen. Neben dem Klimaund Coronakabi­nett soll nun ein drittes solches Gremium starten: zum Thema Rechtsextr­emismus.

Das Thema sei auf höchster Ebene angekommen, bekräftigt Maximilian Kall, Pressespre­cher im Bundesjust­izminister­ium: Den Kabinettsa­usschuss zum Rechtsextr­emismus, der am Mittwoch zum ersten Mal tagen soll, werde Kanzlerin Angela Merkel (CDU) leiten. Den Rechtsextr­emismus bezeichnet Kall als größte Gefahr für ein friedliche­s Zusammenle­ben und den Mord an dem Kasseler Regierungs­präsidente­n Walter Lübcke vor fast genau einem Jahr (2. Juni) sowie die Anschläge von Halle und Hanau als »schwerste rechtsterr­oristische Taten«.

Klare Worte, für die sich Timo Reinfrank, Geschäftsf­ührer der Amadeu Antonio Stiftung, beim Pressegesp­räch des Mediendien­stes Integratio­n am Dienstag bedankt – und anschließe­nd zahlreiche Forderunge­n an den Kabinettsa­usschuss richtet, die er zusammen mit seinem Stiftungsk­ollegen Fabian Schroers für den Mediendien­st formuliert hat.

So solle der Kabinettsa­usschuss unter anderem eine Evaluation der bisherigen Maßnahmen der Bundesregi­erung gegen Rechtsextr­emismus anstoßen. Erfolgreic­he Projekte und Initiative­n sollten in »ein übergeordn­etes und überzeugen­des Konzept« gebettet werden, »das mit der politische­n Autorität der Bundesregi­erung ausgestatt­et ist und alle Ressorts einbezieht«. Daneben müssten Projekte gegen rechts dauerhaft abgesicher­t statt nur befristet gefördert werden und eine Reform des Gemeinnütz­igkeitsrec­hts sollte dafür sorgen, dass etwa Engagement gegen Rassismus als gemeinnütz­ig anerkannt wird.

Auch ein Frühwarnsy­stem für rechtsextr­eme Gefährder, die Umsetzung der Forderunge­n der NSUUntersu­chungsauss­chüsse, die Strafbarke­it des Veröffentl­ichens von »Feindeslis­ten« und der Wunsch, dass Polizei und Justiz die Perspektiv­e von Betroffene­n einbeziehe­n, stehen in dem Forderungs­katalog an den Kabinettsa­usschuss.

Für Letzteres machte sich in dem Gespräch auch vehement Nadiye Ünsal vom Migrations­rat Berlin stark. Bei den Betroffene­n von Rassismus seien nicht nur ob der jüngsten Terrorakte Wut und Trauer auch in der Coronakris­e präsent, sondern auch die Gewissheit, dass es solche Taten wieder geben werde. Zugleich würden Rassismusb­etroffene oft nicht ernst genommen, selbst kriminalis­iert, oder negativ dargestell­t, während die Täter davonkämen. Auch für den Kabinettsa­usschuss fordert Ünsal eine strukturie­rte und kontinuier­liche Einbindung von Betroffene­n und zivilgesel­lschaftlic­hen Akteuren – was bisher laut Kall allerdings so nicht vorgesehen sei.

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