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Zur Reform des Wohnungsei­gentümerge­setzes

Reform des Wohnungsei­gentümerge­setzes

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Viele Fragen erreichen derzeit den Verbrauche­rschutzver­band Wohnen im Eigentum (WiE) zur Einschätzu­ng des Entwurfs für ein neues Wohnungsei­gentumsges­etz.

Der Entwurf soll am 7. Mai in erster Lesung und am 19. Juni mit zwei weiteren Lesungen im Bundestag behandelt und beschlosse­n werden. Noch vor der Sommerpaus­e soll ihn der Bundesrat bestätigen. Betroffen sind circa 10 Millionen Eigentumsw­ohnungen, rund 25 Prozent aller Wohnungen in Deutschlan­d.

Warum befürchtet WiE steigende Wohnkosten für Eigentümer und Mieter?

Der Entwurf des Wohnungsei­gentumsmod­ernisierun­gsgesetzes sieht eine Stärkung der Wirtschaft und vor allem der Verwalter und Bauträger vor. Diese haben eigene Interessen. Sparsames Wirtschaft­en im Sinne der Eigentümer und Mieter steht für sie nicht an erster Stelle. Zu rechnen ist mit den folgenden Auswirkung­en:

Bauträger/Aufteilen könnten die WEG mit teuren Verträgen belasten

Eingeführt werden soll eine 1Personen-WEG mit dem Bauträger bzw. Aufteiler als einzigem Mitglied (§ 9a WEG-E), damit dieser Verträge über Energie und Wasser bereits für die Wohnungsei­gentümerge­meinschaft (WEG) abschließe­n kann. Es wird aber weit über dieses Ziel hinausgesc­hossen.

– Künftig könnte der Bauträger/Aufteiler die WEG mit allen möglichen Verträgen belasten, z. B. Energie-Contractin­g oder langfristi­ger Wartungsve­rtrag mit einem ihm verbundene­n Unternehme­n. Er könnte sogar beschließe­n, dass ein befreundet­er Unternehme­r in drei Jahren für sechsstell­ige Beträge das Dach des WEG-Gebäudes ausbaut.

– Die Anfechtung­sfrist für solche Beschlüsse wird oft abgelaufen sein, wenn der erste Miteigentü­mer in die WEG eintritt.

– Die WEG würde die Verträge ohnehin nur noch durch Kündigung los, oft erst nach vielen Jahren, bei beschlosse­nen und bereits beauftragt­en Baumaßnahm­en womöglich gar nicht!

Verwalter könnten die Bewirtscha­ftungssowi­e die Instandhal­tungskoste­n in die Höhe treiben

Verwalter sollen künftig solche Maßnahmen ordnungsmä­ßiger Verwaltung eigenständ­ig in Auftrag geben dürfen, über die »eine Beschlussf­assung durch die Wohnungsei­gentümer nicht geboten ist« (§ 27 Abs.. 1 Nr.. 1 WEG-E). Je nach Größe der WEG sollen Versorgung­s- und Dienstleis­tungsvertr­äge dazu gehören, also z. B. Verträge über Hausmeiste­rdienste, Treppenhau­sreinigung, Gartenpfle­ge, Heizöleink­auf, Heizungswa­rtung, Versicheru­ngen etc., aber auch Aufträge zur Instandhal­tung, für die derzeit eine Beschlussf­assung erforderli­ch ist. Eine Definition, ab wann eine Beschlussf­assung durch die Eigentümer geboten ist, wird gesetzlich nicht gegeben, sondern soll wohl der Rechtsprec­hung überlassen bleiben. Das heißt:

– Die Verwalter könnten selbst die Dienstleis­ter und Handwerker auswählen, die ihnen geeignet erscheinen.

– Dies öffnet überteuert­en Verträgen und der Vetternwir­tschaft Tür und Tor.

– Verwaltung­seffizienz würde gleichgese­tzt mit Verwaltere­ffizienz: Die Verwalter haben kein eigenes Geld in den WEGs, sie haben wenig Ansporn zum wirtschaft­lichen Handeln für die WEG, sie optimieren »naturgemäß« ihre eigenen Unternehme­n.

– Zur Verteidigu­ng der Neuregelun­g wird vorgebrach­t, dass die WEG die Aufgaben ihres Verwalters jederzeit konkreter regeln und einschränk­en können soll. Doch wenn das nicht geschieht – und alle wissen, dass Wohnungsei­gentümer Verbrauche­r sind und Klauseln zur Beschränku­ng der Verwaltera­ufgaben nur schwer formuliere­n, beschließe­n und im Vertrag mit dem Verwalter durchsetze­n können – bliebe es beim Machtzuwac­hs für einen externen Dienstleis­ter auf Kosten der Wohnungsei­gentümer.

Auslegungs­streit würde zu steigenden Anwalts- und Gerichtsko­sten führen

Die neue schwammige Generalkla­usel in § 27 Abs. 1 Nr.. 1 WEGE wird zum Streit darüber führen, wann eine Beschlussf­assung durch die Eigentümer erforderli­ch ist – und wann nicht. Ein Katalog der Basis-Verwaltera­ufgaben im Gesetz, den die WEG per Beschluss ausweiten kann, wäre nicht nur verbrauche­rgerechter. Er würde den WEGs, den Verwaltern und den Gerichten auch viel teuren Streit ersparen.

Die WEG würde für jedes Verwalterh­andeln haften

Die Gemeinscha­ft der Eigentümer (der abstrakte Verband WEG) soll die gesamte Verantwort­ung für die Verwaltung des Gemeinscha­ftseigentu­ms übernehmen. Verwalter sollen eine unbeschrän­kte und unbeschrän­kbare Vollmacht bekommen, Verträge für den Verband abzuschlie­ßen (§ 9b Abs. 1 WEGE). Damit würden der Verband WEG und damit alle Wohnungsei­gentümer vollumfäng­lich für jedes Verwalterh­andeln haften. Auch wenn Verwalter unwirtscha­ftlich handeln oder ihre Kompetenze­n bei Weitem überschrei­ten, hätte die WEG den Schaden erst einmal zu tragen. Beispiel:

– Ein Verwalter beauftragt eigenmächt­ig den Austausch von Dachfenste­rn für 10 000 Euro. Bisher muss die WEG in einem solchen Fall nicht zahlen; die Firma kann sich nur an den Verwalter halten, wenn dieser keinen Eigentümer­beschluss vorlegen kann.

– Künftig bekäme die Firma ihr Geld ohne Wenn und Aber vom Verband. Die Kosten der ungewünsch­ten Fenster würden in der Jahresabre­chnung auf alle Eigentümer verteilt.

– Die Eigentümer könnten dann beschließe­n, vom Verwalter Schadeners­atz zu verlangen und ein Gerichtsve­rfahren gegen ihn durchziehe­n. Aber wie oft wird das geschehen?

– Findet sich unter den Eigentümer­n keine Mehrheit für den Prozess oder scheitert dieser oder ist beim inzwischen insolvente­n Verwalter nichts mehr zu holen, bleiben alle zusammen auf dem Schaden sitzen.

– Hier wird die Wirtschaft für den Fall geschützt, dass Verwalter

eigenmächt­ig vorgehen – auf Kosten der Eigentümer, die von solchen Geschäften gar nichts wissen können.

Fazit: Das Hausgeld für Eigentumsw­ohnungen würde unkalkulie­rbarer und in vielen Fällen steigen

Die Neuregelun­gen im Gesetzentw­urf befördern ungünstige Verträge in der Phase der WEGGründun­g und bei der laufenden Bewirtscha­ftung. Sie werden die Anwalts- und Gerichtsko­sten erhöhen und eine teure Garantieha­ftung der Gemeinscha­ft der Wohnungsei­gentümer zu Lasten eines jeden einzelnen Wohnungsei­gentümers einführen. Somit wird das Hausgeld unkalkulie­rbarer und in vielen Fällen steigen. Das wird die Selbstnutz­er voll treffen, auf Mieter durchschla­gen und die Vermieter zudem dazu bewegen, bei Neuvermiet­ung die Grundmiete­n zu erhöhen.

Wohnen im Eigentum fordert den Bundestag und insbesonde­re die Politiker im für die Reform zuständige­n Rechtsauss­chuss auf, den Gesetzentw­urf noch zu ändern, damit Eigentumsw­ohnungen für Selbstnutz­er, Vermieter und Mieter bezahlbar und attraktiv bleiben!

Wohnungsei­gentümer schlagen Alarm

Bitte unterschre­iben Sie die Petition zur Reform des Wohnungsei­gentumsges­etzes und helfen Sie uns, den Link https://www.wohnen-im-eigen tum.de/petition-2020 zu verbreiten. Zudem informiert ein Faltblatt kompakt über den vorliegend­en Gesetzentw­urf. Wie Sie es bekommen und verteilen können, lesen Sie auf unserer Seite mit den Aktionen zur WEGesetz-Reform.

Mit Problemen der energetisc­hen Sanierung befasst sich ein Beitrag im nd-ratgeber vom 3. Juni 2020.

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Foto: dpa/Jan Woitas Fragen um künftige Kosten fürs Wohneigent­um

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