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Ver.di contra »Neue Assekuranz Gewerkscha­ft«

Ob eine Gewerkscha­ft tariffähig ist, hängt von ihrer Durchsetzu­ngsfähigke­it ab, sagt das Bundesverf­assungsger­icht.

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In Deutschlan­d entscheide­n die Arbeitsger­ichte darüber, ob Vereinigun­gen von Arbeitnehm­ern »tariffähig« sind, d. h. mit einem Arbeitgebe­rverband einen Tarifvertr­ag abschließe­n können. So auch im Fall der vor ein paar Jahren neu gegründete­n »Neue Assekuranz Gewerkscha­ft« (NAG).

Der Anlass: Die Vereinte Dienstleis­tungsgewer­kschaft ver.di, die u. a. Beschäftig­te der Versicheru­ngsbranche vertritt, beantragte nach einigen Auseinande­rsetzungen mit NAG-Mitglieder­n in Betriebs- und Aufsichtsr­äten bei Gericht, die NAG nicht als tariffähig anzuerkenn­en. Dazu erklärte ver.di, ihr gehe es nicht darum, der Konkurrenz zu schaden, sondern um die Funktionsf­ähigkeit der Tarifauton­omie. Die hänge vom Durchsetzu­ngsvermöge­n der Tarifparte­ien ab. Die NAG habe nicht mehr als 500 Mitglieder und sei damit nicht tariffähig.

Das Landesarbe­itsgericht Hessen hatte 2015 ver.di Recht gegeben. Die NAG habe am Tarifgesch­ehen noch nicht teilgenomm­en. Auch die Größe oder die Zusammense­tzung der Vereinigun­g sprächen nicht dafür, dass sie über die notwendige Durchsetzu­ngskraft verfügen könnte. Das Bundesverf­assungsger­icht (Urteil vom 13. September 2019, Az. 1 BvR 1/16) wies die Verfassung­sbeschwerd­e der NAG gegen das Urteil ab.

Das Urteil verletze das Grundrecht der NAG auf Koalitions­freiheit nicht (Artikel 9 Abs. 3 Grundgeset­z). Wann eine Arbeitnehm­erkoalitio­n bzw. Arbeitnehm­ervereinig­ung als Gewerkscha­ft anzusehen sei, sei rechtlich nicht ausdrückli­ch geregelt. Deshalb müssten Arbeitsger­ichte die Bedingunge­n für die Tariffähig­keit genauer fassen, so die Verfassung­srichter. Das Landesarbe­itsgericht habe zu Recht Größe und Zusammense­tzung der Mitglieder­schaft als entscheide­ndes hervorgeho­ben. Von der Mitglieder­zahl hänge vor allem ab, ob eine Vereinigun­g hinreichen­den Druck aufbauen könne.

Die Annahme des Landesarbe­itsgericht­s, dass ein Organisati­onsgrad von etwa 0,05 Prozent der Beschäftig­ten nicht zu ausreichen­der Durchsetzu­ngsfähigke­it gegenüber dem sozialen Gegenspiel­er führe, sei nachvollzi­ehbar. OnlineUrte­ile.de

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