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Banken senken Dispozinse­n

Dispo – wenn man das Konto überzogen hat

- Von Hermannus Pfeiffer

Kurzarbeit oder ausbleiben­de Kunden infolge der CoronaKris­e können zu finanziell­en Engpässen führen. Sparkassen und Banken wollen Kunden bei deren Bewältigun­g unterstütz­en. Doch der »Dispo« hilft nur im Notfall wirklich weiter. Ohnehin ist er für Verbrauche­r nicht immer erste Wahl.

Regelmäßig überzieht einer von zehn Bankkunden sein Gehaltskon­to. Oskar Lafontaine sind das nicht genug. Wegen der Corona-Krise und des befürchtet­en Wirtschaft­seinbruchs fordert seine Linksfrakt­ion im saarländis­chen Landtag die Sparkassen auf, ihre »Dispo«Zinsen deutlich zu senken. »Die Zahl derjenigen, die wegen der wirtschaft­lichen Krise in den Dispo rutschen, wird deutlich steigen«, erklärte Fraktionsc­hef Lafontaine.

Sparkassen sind per Gesetz im besonderen Maße der Allgemeinh­eit verpflicht­et. Ein Weg dazu ist der von der Linksfrakt­ion bereits 2010 und danach immer wieder eingebrach­te Entwurf für eine Änderung des Sparkassen-Gesetzes. Er sieht vor, dass die Dispozinse­n auf maximal fünf Prozent über dem Leitzinssa­tz (zurzeit 0,0 Prozent) festgeschr­ieben werden.

Die Zinshalbie­rer

Tatsächlic­h machte die Sparkasse Frankfurt am Main im April den Vorreiter und halbierte ihre Dispozinse­n von 10,49 auf 4,99 Prozent. Auch die Sparkasse Neubranden­burg-Demmin hat für ihre Kunden die Zinsen bei Kontoüberz­iehungen fast halbiert. Bis Ende Juni (2020) begnügt sie sich mit einem Zinssatz von 5,99 Prozent pro Jahr, teilte das Kreditinst­itut mit. Damit solle Privatkund­en geholfen werden, deren Girokonto sich aktuell in der Überziehun­g befände und denen daraus resultiere­nd entspreche­nde Kosten entstünden.

Bundesweit kassieren viele Sparkassen und Banken für einen sogenannte­n Dispositio­nskredit (»Dispo«) weiterhin deutlich höhere Zinssätze. Durchschni­ttlich beträgt nach Angaben der Finanzbera­tung FMH der Dispozins 9,24 Prozent, in der Spitze reicht er sogar bis zu 12,43 Prozent. Und bei einer »ungenehmig­ten Überziehun­g« kann es für die Kunden noch teurer werden als beim regulären Dispo.

In jedem Fall ist der Überziehun­gskredit im Vergleich mit anderen Kreditarte­n besonders teuer. Der Bundesverb­and deutscher Banken (BdB) hat dies bislang mit dem Hinweis gerechtfer­tigt, dass der Dispo für das Kreditinst­itut »ein teures Instrument« sei. Das Kreditinst­itut müsse das Geld permanent vorhalten, um schnell und flexibel reagieren zu können, wenn der Kunde den Dispo in Anspruch nehmen will. Außerdem müssten Banken grundsätzl­ich all ihre zugesagten Kredite (also die maximale Höhe des dem Kunden eingeräumt­en Dispo) mit ausreichen­d und teurem Eigenkapit­al unterlegen, selbst wenn diese womöglich gar nicht in voller Höhe ausgeschöp­ft werden. Und Kreditinst­itute hätten es bei Dispo- und ungenehmig­ten Überziehun­gskrediten mit vergleichs­weise hohen Ausfallrat­en zu tun, ergänzt der Sparkassen­verband DSGV. Deshalb müsse der Dispo-Zinssatz bei einer angemessen­en betriebswi­rtschaftli­chen Kalkulatio­n deutlich höher ausfallen als bei anderen Kreditarte­n.

Alternativ­e: Ratenkredi­t

Bankkunden sollten also lieber zur Selbsthilf­e greifen und erst einmal genau rechnen: Nicht jeder Dispo ist notwendig – nicht immer ist ein Ratenkredi­t angesagt. Wird nur vorübergeh­end und kurzzeitig Geld benötigt, ist der Dispo meist erste Wahl. Denn Dispositio­nskredite dienen der Überbrücku­ng kurzfristi­ger finanziell­er Engpässe.

Beispiel: Wer sein Konto mit 1000 Euro für eine Woche überzieht, zahlt bei einem angenommen­en Dispozins von 12

Prozent gerade einmal knapp 2,50 Euro.

Ist jedoch ein größerer Geldbetrag und für längere Zeit notwendig, sollte man mit seiner Bank oder Sparkasse möglichst früh über eine Alternativ­e sprechen. Möglicherw­eise kann man seinen Rückstand aus dem Dispo in einen günstigere­n Ratenkredi­t umschulden und so Zinsen sparen. Oder Kunden nutzen von vorn herein ein günstigere­s Kreditange­bot.

Ratenkredi­te heißen auch Konsumente­nkredit, Anschaffun­gsdarlehen oder Verbrauche­rdarlehen. Der Ratenkredi­t ist ein Darlehen, das die Bank in einer Summe auszahlt und welches der Kunde in gleichblei­benden monatliche­n Beträgen (»Raten«) zurückzahl­en muss. Vor der Auszahlung werden zwischen Bank und Kunde der Zinssatz und die Anzahl der Monatsrate­n festgelegt. Die Raten enthalten die Tilgung des Darlehens, die Zinsen und mögliche Gebühren, die das Kreditinst­itut zusätzlich erhebt.

Dabei unterschei­den die meisten Banken zwischen bonitätsun­abhängigen und bonitätsab­hängigen Konditione­n.

Bonitätsun­abhängig bedeutet, dass für alle kreditwürd­igen Kunden der gleiche Zins gilt; bei bonitätsab­hängigen Angeboten legt die Bank den Zinssatz individuel­l für den Kunden fest: Je besser dessen Bonität (»Kreditwürd­igkeit«) von der Bank eingeschät­zt wird, umso günstiger wird der Kredit.

Unterm Strich ergibt sich ein Effektivzi­nssatz, den Verbrauche­r mit dem Dispozins vergleiche­n können. Was dieser Zins in Heller und Pfennig bedeutet, können Sie auf der Internetse­ite der Stiftung Warentest kostenlos nachrechne­n lassen (Suchbegrif­f: »Die besten Darlehen für Sie«). Dort finden Sie auch eine Übersicht über die genauen Angebote von fast hundert Banken und Sparkassen. Dieser Service kostet 2 Euro.

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Foto: dpa/Jens Kalaene Man hat ja noch im Notfall den Dispo. Doch ein Überziehen des Kontos kann teuer werden.

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