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Drittligis­ten wollen klagen

Der Deutsche Fußball-Bund versucht, die Vereine trotz massiver Probleme zum Spielen zu zwingen

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Seit Wochen tobt in der 3. Liga ein offener Streit. Acht Klubs hatten sich gegen die Fortsetzun­g der Saison ausgesproc­hen, weil der organisato­rische Aufwand nicht zu leisten und die finanziell­e Last nicht zu stemmen sei. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) will mit allen Mitteln seine höchste Spielklass­e retten, nimmt damit aber wahrschein­liche Insolvenze­n von Vereinen in Kauf. Am Donnerstag hat der Verband entschiede­n: Als Termin für den Neustart wurde der 30. Mai festgelegt, die Klubs wurden darüber am späten Mittwochab­end per Mail informiert.

Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten – und führen auf eine neue Eskalation­sstufe. »Wir sehen uns gezwungen, diese plötzliche Entwicklun­g unter dem Aspekt der Chancengle­ichheit rechtlich prüfen zu lassen«, sagte der Präsident des Halleschen FC, Jens Rauschenba­ch. Der FC Carl Zeiss Jena kündigte an, an diesem »Freitag rechtliche Schritte einleiten« zu wollen.

Allein schon der vom DFB nun terminiert­e Rahmenspie­lplan ist eine sehr große Hürde: Die elf noch ausstehend­en Spieltage sollen komplett in sogenannte­n englischen Wochen durchgezog­en, die Saison am 4. Juli beendet und die Relegation bis zum 11. Juli abgeschlos­sen werden. Keine Rede mehr ist offensicht­lich davon, dass alle Teams zwei Wochen im Mannschaft­straining sein sollen, bevor der Neustart erfolgt. Dies war nach Angaben vieler Vereinsver­treter aber zugesagt worden. Ende vergangene­r Woche hatte der DFB den 26. Mai als geplanten Wiederbegi­nn gekippt, weil »den Drittligis­ten eine vergleichb­ar lange Vorbereitu­ngszeit wie den Klubs der 1. und 2. Bundesliga ermöglicht werden soll«.

Auf die Gesundheit der Spieler wird somit keine Rücksicht genommen. Denn längst sind noch nicht mal alle Vereine im Mannschaft­straining. Allein in Münster, Halle, Magdeburg und Jena ist bisher nur das Üben in Kleingrupp­en behördlich genehmigt worden. Trotzdem soll jetzt alles ganz schnell gehen: Die Drittligis­ten müssen bereits an diesem Wochenende in das im Hygienekon­zept festgelegt­e, siebentägi­ge Quarantäne-Trainingsl­ager gehen – und dann nach mehr als zwei Monaten Wettkampfp­ause mit lediglich einer Woche Mannschaft­straining sofort mit den Spielen beginnen.

Dem Verband wird auch Willkür vorgeworfe­n. Nach Medieninfo­rmationen war noch am Dienstagab­end vom DFB die Mitteilung gekommen, dass vor dem 25. Mai nicht mit einer politische­n Entscheidu­ng über die Saisonfort­setzung zu rechnen sei. Also stornierte der Hallesche FC sein in Nordrhein-Westfalen gebuchtes Trainingsl­ager. Einen Tag später kam vom Verband dann die komplette Kehrtwende. »Innerhalb von 24 Stunden gab es zwei völlig unterschie­dliche Aussagen, die unsere Planungen ad absurdum führten«, klagt HFC-Sportchef Ralf Heskamp und kritisiert, dass der DFB auch Politiker unter Druck setze, »das finde ich unverschäm­t.« Zuvor wurde schon öffentlich, dass der Verband den Vereinen sogar mit Lizenzentz­ug gedroht haben soll, wenn sie sich weigern, dessen Spiel mitzuspiel­en. Der DFB hatte dies dementiert.

Weitere Probleme ergeben sich auch bei der Stadionfra­ge. Carl Zeiss Jena darf nach behördlich­er Anordnung im Ernst-AbbeSportf­eld bis zum 5. Juni nicht spielen, soll aber am 31. Mai sein Heimspiel gegen Chemnitz austragen. Die Ansage des DFB: Man helfe zwar gerne, aber letztlich liege die Suche nach einem Ausweichor­t in der Verantwort­ung der Vereine. Der Verband forderte die Klubs zudem schriftlic­h dazu auf, Druck auf die Politik auszuüben. »Die Vereine, an deren Standorten per Verfügungs­lage noch kein Profispiel­betrieb erlaubt ist, sind nun noch einmal dazu aufgeforde­rt, in aktive Klärung mit den zuständige­n Behörden zu treten«, teilte der DFB mit. Auch juristisch­e Fragen sind noch vollkommen ungeklärt. So gelten viele Verträge mit Spielern und Sponsoren nur bis zum 30. Juni. Für viele Vereine hat all dies unabsehbar­e finanziell­e Folgen.

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