Aschene Vögel
Wer Lâle Müldürs Lyrik folgt und sich auf sie einlässt wird verstehen, dass es keine andere Art gibt, das Sein zu verstehen, als durch die Dichtung. Erinnerungen und Melancholie, gepaart mit grenzenloser Müdigkeit, versöhnen sich in Müldürs Lyrik mit der Einsamkeit, schaffen Energie, strömen aus, setzen sich fort. Doch anstatt zu zerstören, schaffen sie Neues. »He Shot Me Down Bang Bang«
Müldürs Lyrik ist keinesfalls depressiv und dunkel. Das Gegenteil ist der Fall. Tod und Trauer einerseits und Liebe und Sprache andererseits sind die polaren Begriffe und Empfindungen, die die teils surrealistischen Bilder und Strukturen Müldürs hervorrufen. Es ist in der besinnungslosen Liebe, in der Tod und Leben miteinander ringen. Alle drei gehören bedingungslos zusammen.
Und immer wieder wird in diesem Ringen das Ich auf sich selbst zurückgeworfen
wenn ein tag kommt, an dem dich der, der dir am nahesten steht, ins messer laufen lässt, lern, zu schweigen, nicht zu weinen. eine blaue rose in einem einmachglas züchte sie, dass sie jeden tag ein bisschen lebendiger wird. schließ die lippen eines märchens und geh schlafen in großen räumen. in einem zelt voll mit sauerstoff. ich wollte, dass ihm etwas böses widerfährt. verlieb dich in mich, wollte ich von ihm. und findet Rückhalt in der Sprache. Doch auch die Sprache hat ihre Grenzen. Und sie liegt nicht etwa in sich selbst begründet, sondern im Gegenüber. Wenn die Worte fehlen und der Schmerz am größten ist, muss man »lernen zu schweigen, wenn der, den du am meisten liebst, dich verletzt«. Bei Lâle Müldür gehören Sprechen und Schweigen zusammen und sind Ausdruck des Lebens.
»Es gibt keine neue Welt ohne eine neue Sprache.«