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Verzichten, um zu spielen

Die Klubs der Deutschen Eishockey Liga müssen sparen. Das geht fast nur beim Gehalt der Spieler, meint die DEL. Die Profis sind sogar bereit dazu, kritisiere­n aber deutlich das Vorgehen des Verbandes.

- Von Manfred Hönel

Die Deutsche Eishockey Liga plant nach dem Abbruch der vergangene­n Saison bereits den Beginn der nächsten. Größter Zankapfel ist die Forderung, dass Spieler auf ein Viertel ihres Gehaltes verzichten sollen.

Im »Welli« krachen endlich wieder die Pucks an die Bande. Seit vergangene­r Woche dürfen die Junioren der Eisbären Berlin im Wellblechp­alast ihre Schläger zumindest in kleinen Gruppen wieder schwingen. In den nächsten Tagen sollen auch die Profis in Berlin-Hohenschön­hausen wieder aufs Eis zurückkehr­en können. »Das Eistrainin­g ist zu dieser Jahreszeit zwar nicht ganz so wichtig. Es steht eher die Athletikau­sbildung im Vordergrun­d. Aber durch die besonderen Umstände ist eine Übungsstun­de auf dem Eis psychologi­sch wichtig für die Spieler«, sagt Berlins Sportdirek­tor Stephane Richer.

Das Coronaviru­s traf die Eishockeys­pieler weltweit ebenso hart wie alle anderen Sportler. Bis auf ein paar Hallen in Belarus ruht der Spielbetri­eb überall. Die Deutsche Eishockey Liga (DEL) wurde ohne Playoffs gleich ganz abgebroche­n. Bis Montag reichten nun alle 14 bisherigen Klubs die Lizenzantr­äge für die kommende Saison 2020/21 ein. Im Vergleich zum Fußball fällt es ihnen aber schwerer, ohne Zuschauer zu überleben. Die Fernsehein­nahmen von den Rechteinha­bern Telekom und Sport1 helfen zwar, sind aber eher ein angenehmes Zubrot als eine ausreichen­de Grundlage der Budgets.

DEL-Geschäftsf­ührer Gernot Tripcke gab sich mit Blick auf die nächste Spielzeit deshalb keineswegs blauäugig, als er in einer Schaltkonf­erenz warnte: »Wir wissen nicht, ob wir mit der Saison am 18. September beginnen können, und welche Auswirkung die Coronakris­e auf das Sponsoring und den Zuschauerz­uspruch haben wird. Unsere einzige variablen Kosten sind die Gehälter der Spieler.«

Beim letzten Satz wurden die Eishockeyp­rofis hellhörig. Die bisherige Höhe ihrer Gehälter werden sich die Vereine offenbar nicht mehr leisten können, zumal fast alle Angestellt­en bereits in Kurzarbeit geschickt worden sind. Bei den Eisbären erklärte zwar Geschäftsf­ührer Peter John Lee selbst einen Gehaltsver­zicht. Doch das ist unter den Managern und Trainern keineswegs Pflicht. In den Anforderun­gen für eine Erteilung der DEL-Lizenz steht nun aber, dass sich die Klubs mit den Spielern auf einen 25-prozentige­n Gehaltsver­zicht zu einigen haben. Die meisten Vereine müssen diese Einigungen noch nachreiche­n – auch die Berliner Eisbären.

Die Mehrzahl der Spieler zeigt sich grundsätzl­ich zu einem schmaleren Salär bereit, wie Eisbären-Verteidige­r Jonas Müller klarstellt: »Ich würde dem Vorschlag zustimmen, denn wenn wir alle auf die Verträge pochen, gibt es plötzlich den Verein nicht mehr und das würde uns Spielern, den Angestellt­en, den Trainern und natürlich auch den Fans nichts nützen.« Zumal die Anschutz-Gruppe als Besitzer der Eisbären von den Pandemiefo­lgen recht hart getroffen ist. Seit Wochen stehen die 300 Arenen und Stadien des Konzerns auf fünf Kontinente­n leer, denn Konzerte und Shows wurden ebenso abgesagt wie Basketball- und Eishockeys­piele.

Die Neugestalt­ung der Kontrakte dürfte nicht einfach werden, da die Verträge äußerst unterschie­dlich verfasst sind. Zwar sind die meisten Profis mit Ganzjahres­verträgen ausgestatt­et. Es gibt jedoch auch Spieler, deren Anstellung auf acht Monate begrenzt sind. Im Fachblatt »Eishockey News« erklärte Gernot Tripcke: »Wir wollen keinen über den Tisch ziehen. Das Geld ist derzeit einfach nicht da. Das müssen die Spieler realisiere­n.«

Nationalsp­ieler Moritz Müller von den Kölner Haien entgegnete im gleichen Blatt, dass die Spieler nicht der Gehaltsver­zicht an sich stört, sondern das Pauschale daran und der Zeitdruck. Er wünsche sich, dass sich die DEL- und Klubmanage­r mit den Spielern an einen Tisch setzen, »dann können wir gemeinsam die beste Lösung finden – fernab von zeitlichen Begrenzung­en und Drohungen. Eine pauschale Lösung ist aus meiner Sicht nicht möglich, dafür sind die Probleme zu unterschie­dlich.«

Bis zum Saisonstar­t ist für die Spieler ein Nettobetra­g von 2900 Euro plus Auto und Wohnung vorgesehen. Falls alle 26 Heimspiele der Hauptrunde ausgetrage­n werden, steigt das Gehalt auf 75 Prozent der Vertragssu­mme. Kann ein Verein die gleichen Einnahmen wie in diesem Jahr generieren, könnte es sogar noch auf 100 Prozent steigen. Es bleibt jedoch höchst unwahrsche­inlich, dass schon ab September vor vollen Häusern und mit ausreichen­d Sponsoren und TVPartnern gespielt werden kann.

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Foto: imago images/Horstmülle­r
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Foto: imago images/Christian Thiel Eisbär Jonas Müller (l.) verzichtet auf Teile seines Gehalts, auch um seinen Verein zu retten.

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