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SPD sucht einen Kanzlerkan­didaten

Parteivors­itzende sprechen sich für Fraktionsc­hef Mützenich aus

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Berlin. Die SPD-Vorsitzend­en Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans befürworte­n laut einem Medienberi­cht eine Nominierun­g von Fraktionsc­hef Rolf Mützenich zum Kanzlerkan­didaten ihrer Partei. Mützenich solle die SPD in den Bundestags­wahlkampf 2021 führen, hieß es im Magazin »Cicero«. Der Fraktionsc­hef selbst hielt sich bedeckt. »Das steht überhaupt nicht auf der Tagesordnu­ng«, stellte er vor einer SPD-Fraktionss­itzung am Dienstag in Berlin klar. Er sehe seine Aufgabe derzeit in der Sacharbeit in der Fraktion. Dies sei »das, für das ich gewählt worden bin«.

Mit Blick auf die Kanzlerkan­didatur verwies Mützenich auf das im Parteipräs­idium verabredet­e Verfahren, wonach es »im Spätsommer, im beginnende­n Herbst« Klarheit über das weitere Vorgehen geben solle.

Mützenich gilt ebenso wie Esken und Walter-Borjans als Vertreter des linken Parteiflüg­els. Im »Cicero« hieß es, derzeit würden über die Kanzlerkan­didatur interne Gespräche führender Sozialdemo­kraten geführt.

Als möglicher SPD-Kanzlerkan­didat genannt wird auch immer wieder Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD). Er war allerdings mit seiner Duo-Partnerin Klara Geywitz im vergangene­n Herbst Esken und Walter-Borjans in einer Mitglieder­befragung um den Parteivors­itz unterlegen; in Teilen der SPD gibt es gegen ihn erhebliche Vorbehalte.

Die Bundestags­wahl findet im Herbst 2021 statt. Derzeit liegt die SPD in Meinungsum­fragen zwischen 15 und 16 Prozent – weit hinter der Union und meist auch hinter den Grünen.

Aert van Riel über die Suche der SPD nach einem Spitzenkan­didaten

In der jüngeren Vergangenh­eit hatten Kanzlerkan­didaten der SPD keinen angenehmen Job. Martin Schulz und Peer Steinbrück übernahmen die Aufgabe auch deswegen, weil ihre Karrieren praktisch vorbei waren und sie als Kandidaten nichts mehr zu verlieren hatten. Sozialdemo­kraten in Amt und Würden hatten hingegen offenbar so große Angst vor dem Scheitern, dass sie ihren Genossen den Vortritt ließen. Das könnte sich nun ändern. Zwei SPD-Politiker sind für die Spitzenkan­didatur im nächsten Jahr im Gespräch, die wichtige Posten haben und die Partei gut kennen. Alles deutet darauf hin, dass die Wahl auf Fraktionsc­hef Rolf Mützenich oder den Finanzmini­ster Olaf Scholz fallen wird.

Die Partei muss sich entscheide­n, ob sie das Risiko eingehen will, mit einem bundesweit eher unbekannte­n Gesicht in den Wahlkampf zu ziehen oder auf den prominente­ren Scholz setzt. Aus linker Sicht spricht alles für Mützenich, dessen Kandidatur auch ein Signal für ein mögliches rot-rotgrünes Bündnis im Bund wäre. Zudem würde er im Unterschie­d zu Scholz besser mit dem Vorsitzend­enduo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans harmoniere­n. Entscheide­nd ist auch, dass Kandidat und Programm zueinander passen. Die SPD kann nur überleben, wenn sie sich vor der nächsten Bundestags­wahl deutlich von der Union abgrenzt.

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