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Rot-Grün drängt Konsumente­n zur Suchtberat­ung

Koalitions­verhandlun­gen in Hamburg: Grünen- und SPD-Frauen stellen geplante sozialpoli­tische Maßnahmen vor

- Von Reinhard Schwarz, Hamburg

Beraten statt strafen in der Drogenpoli­tik, Weiterbild­ung für Alleinerzi­ehende, ein Krankenhau­sneubau: Der künftige rot-grüne Senat von Hamburg will zahlreiche Maßnahmen auf den Weg bringen.

Der neue Hamburger Senat will in der Drogenpoli­tik auf Beratung statt auf Strafverfo­lgung setzen – zumindest bei den Jüngeren. Das war ein Schwerpunk­t, den Vertreteri­nnen von Rot-Grün bei einer virtuellen Pressekonf­erenz im Hamburger Rathaus als Ergebnis ihrer Koalitions­verhandlun­gen vorstellte­n. So sollen jugendlich­e Drogenkons­umenten, die von der Polizei aufgegriff­en werden, aber innerhalb von 72 Stunden eine Beratungss­telle aufsuchen, straffrei bleiben, erklärte Gesundheit­ssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD). Die Grünen konnten sich mit ihrer Forderung, eine Initiative zur Legalisier­ung von

Cannabis auf den Weg zu bringen, nicht durchsetze­n.

»Es gibt junge Leute, die sich mit dem Handel von Drogen ihr Geld verdienen. Diese statt mit Strafe in eine Suchtberat­ung zu schicken, wird sie nicht davon abhalten, auch künftig ihr Geld mit dem illegalen Verkauf von Drogen zu finanziere­n«, kritisiert­e CDU-Fraktionss­precher Sören Niehaus. Auch Strafverfo­lgung sei in der Drogenpoli­tik unabdingba­r.

Der Linke-Abgeordnet­e Deniz Çelik sagte hingegen: »Die Grünen bleiben Steigbügel­halter für eine verfehlte SPD-Drogenpoli­tik, die auf Repression setzt. Eine aufklärend­e Drogenpoli­tik im Sinne von Entkrimina­lisierung und Gesundheit­sschutz wird es mit diesem Senat nicht geben.« Die angeordnet­e Suchtberat­ung für Jugendlich­e statt Strafverfo­lgung habe nichts mit freiwillig­er, aufklärend­er Drogenhilf­e zu tun.

Sozialsena­torin Melanie Leonhard (SPD) kündigte an, der künftige Senat

wolle unter anderem die Grundbetre­uung und die Versorgung mit Mittagesse­n in den Kindertage­sstätten weiter ausbauen. Menschen, die durch die Coronakris­e arbeitslos wurden, sollten durch Qualifizie­rungsmaßna­hmen schnell wieder im Arbeitsmar­kt Anschluss finden. »Wir wollen ein großes Arbeitsmar­ktprogramm auf den Weg bringen«, so Leonhard. Besonders gefördert werden sollten alleinerzi­ehende Frauen, unter anderem durch Erteilung eines Zertifikat­s nach Beendigung einer Weiterbild­ung.

Mareike Engels (Grüne) will »Armut bekämpfen und soziale Teilhabe verstärken«. So solle der Zugang zu sozialen Leistungen »entbürokra­tisiert«, Kinderarmu­t bekämpft werden. »Der Kinderschu­tz hat für uns oberste Priorität«, so Engels. Ein Augenmerk liege auf dem Thema Wohnungslo­sigkeit. So wolle man »die Hilfen für psychisch kranke Obdachlose verstärken«. Weiterhin sei geplant, im

Bezirk Altona eine weitere Tagesaufen­thaltsstät­te (TAS) einzuricht­en.

Prüfer-Storcks kündigte einen Krankenhau­sneubau für Altona an. Weiterhin will die künftige Landesregi­erung die Werbung für den Pflegeberu­f verbessern und den öffentlich­en Gesundheit­sdienst stärken. Çelik bewertete die Koalitions­aussage von Rot-Grün als »Armutszeug­nis«, weil »sie sich mit einem auf Profit getrimmten Gesundheit­ssystem zufriedeng­eben und auf ein weiter so setzen. Die Rekommunal­isierung der Krankenhäu­ser und der Aufbau einer gemeinwohl­orientiert­en Gesundheit­sversorgun­g sind weiter kein Thema. Sehr erfreulich und ein Erfolg für das Pflegebünd­nis sind immerhin die angekündig­ten Personalvo­rgaben für das Pflegepers­onal.«

Die Verhandlun­gen zwischen SPD und Grüne stehen vor dem Abschluss. Der Erste Bürgermeis­ter könnte in der Bürgerscha­ftssitzung am 10. Juni gewählt werden.

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