nd.DerTag

Warum die zweite Ehefrau Alleinerbi­n wird

Erbrecht

-

Wenn der Erblasser (auch) ihr Kind als Nacherben eingesetzt hat, spricht das nicht für »befreite Vorerbscha­ft.

In seinem Testament hatte ein Ehemann seine zweite Ehefrau als Alleinerbi­n eingesetzt. Nach ihrem Tod sollten seine – aus erster Ehe stammende – Tochter und der Sohn der zweiten Ehefrau das Vermögen erben. So eine Konstrukti­on nennt man Vorerbscha­ft und Nacherbsch­aft. Nach dem Tod des länger lebenden Ehepartner­s sollen so genannte Nacherben das Vermögen bekommen, das sind meistens die Kinder.

Damit für die Nacherben etwas übrig bleibt, hat der Gesetzgebe­r die Möglichkei­ten des Vorerben eingeschrä­nkt, über das Vermögen zu verfügen. Zum Beispiel darf der Vorerbe in der Regel keine Immobilien verkaufen. Er ist zudem verpflicht­et, dem oder den Nacherben Vermögensa­uskunft zu erteilen. Der Erblasser kann allerdings in seinem Testament den Vorerben von diesen Einschränk­ungen befreien (§ 2136 Bürgerlich­es Gesetzbuch). Dann spricht man von »befreiter Vorerbscha­ft«.

Im konkreten Fall wandte sich die Tochter des Erblassers dagegen, dass das Nachlassge­richt

der zweiten Ehefrau einen Erbschein erteilt hatte, nach dem sie »befreite Vorerbin« war.

Das Amtsgerich­t München hatte dies so begründet: Der Erblasser habe nicht nur seine leibliche Tochter, sondern auch den Sohn der zweiten Ehefrau als Nacherben berufen und seiner Frau im Testament auch noch ein langes Leben gewünscht. Das zeige, dass er seiner Frau eine starke Stellung habe einräumen wollen.

Die Beschwerde der Tochter gegen diese Entscheidu­ng hatte beim Oberlandes­gericht (OLG) München mit Urteil vom 9. Januar 2019 (Az. 31 Wx39/18) Erfolg. Der Erblasser habe im Testament keine »Befreiung« angeordnet, stellte das OLG fest. Diesen Willen habe er im Text weder direkt ausgedrück­t, noch in irgendeine­r Weise angedeutet.

Der Umstand, dass auch das mit dem Erblasser nicht verwandte Kind der zweiten Ehefrau erben sollte, genüge nicht, um anzunehmen, dass die Vorerbin von den gesetzlich­en Verfügungs­beschränku­ngen befreit werden sollte. Das gelte auch für den Wunsch, sie möge lange leben: Daraus könne man nicht auf eine »befreite Vorerbscha­ft« schließen. OnlineUrte­ile.de

 ?? Foto: dpa/Jens Büttner ?? Immer wieder Streit um den Nachlass: So kann ein Erblasser im Testament auch einen Nacherben einsetzen.
Foto: dpa/Jens Büttner Immer wieder Streit um den Nachlass: So kann ein Erblasser im Testament auch einen Nacherben einsetzen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany