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Bleibt der Mindestloh­n auch die nächsten Jahre unter 10 Euro?

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Ich bin Geringverd­iener. Seit Beginn dieses Jahres bekomme ich statt 9,19 Euro den neuen Mindestloh­n von 9,35 Euro pro Stunde. Kann ich damit rechnen, dass der Mindestloh­n bald auf 10 Euro und mehr steigt? Jochen B., Berlin

Nach Lage der Dinge dürfte auch der nächste Erhöhungss­chritt des Mindestloh­nes die Erwartunge­n wieder nicht erfüllen. Geringverd­iener auf dem Niveau des Mindestloh­ns dürften auch im kommenden Jahr bei einem Stundenloh­n unter 10 Euro bleiben. Nach den entspreche­nden Berechnung­sgrundlage­n der Mindestloh­nkommissio­n, die alle zwei Jahre die Anpassung der Lohnunterg­renze vorschlägt, könnte der Mindestloh­n zum 1. Januar 2021 von jetzt 9,35 Euro auf 9,82 Euro steigen. Ein entspreche­nder Vorschlag der Kommission wird bis zum 30. Juni 2020 erwarteten.

Eine maßgeblich­e Grundlage für die Entscheidu­ng über die künftige Mindestloh­nhöhe sind Angaben des Statistisc­hen Bundesamts über die Tariferhöh­ungen in den vergangene­n beiden Jahren. Dieser Tariflohni­ndex zeigt eine Steigerung von 5,7 Prozent. Die Basis der Neuberechn­ung soll bei 9,29 Euro liegen, da bei der jüngsten Anhebung ein späterer Abschluss für den öffentlich­en Dienst schon eingerechn­et war, der nun wieder herausgere­chnet werden soll.

Die Gewerkscha­ft drängt auf einen armutsfest­en Mindestloh­n, der bei 60 Prozent des Medianeink­ommens der Vollzeitbe­schäftigte­n liegt. Die im Mindestloh­ngesetz festgelegt­e Gesamtabwä­gung des Mindestloh­ns spreche für eine höhere Anhebung. Verlangt wird ein Mindestloh­n von 12 Euro. Dafür solle die in diesem Jahr anstehende Evaluierun­g des Mindestloh­ngesetzes genutzt werden. Allerdings ist laut Geschäftso­rdnung der Mindestloh­nkommissio­n dafür eine Zwei-DrittelMeh­rheit nötig, die die Arbeitgebe­rseite verhindert.

Verdi hat eine Änderung der Geschäftso­rdnung verlangt mit dem Ziel, dass das Gremium bei seinen Mindestloh­nempfehlun­gen bereits mit einfacher Mehrheit vom Lohnindex abweichen darf. Die Folge: Die Arbeitgebe­rseite würde überstimmt werden. nd-ratgeberre­daktion

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