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Kann sich geheilter Patienten erneut anstecken?

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Es hat unlängst eine Meldung aus Asien gegeben, wonach bereits geheilte Patienten erneut positiv auf das Coronaviru­s getestet wurden. Ist es möglich, dass man sich zweimal mit dem Virus anstecken kann?

Vera M., Berlin

Epidemiolo­gen hoffen, dass ein infizierte­r Patient nach seiner Genesung zumindest für einige Monate immun ist. Immun zu sein bedeutet, dass der Körper eine Abwehrreak­tion gegen ein Virus entwickelt hat. Und weil diese Immunreakt­ion ein »Gedächtnis« hat, heißt das, dass sie auch später eine Infizierun­g mit demselben Virus verhindert, so der Immunologe Eric Vivier von der Uniklinik in Marseille.

Im Allgemeine­n dauert es bei RNA-Viren, zu denen auch das Sars-CoV-2 zählt, rund drei Wochen bis zur Bildung von genügend schützende­n Antikörper­n. Erfahrungs­gemäß hält dieser Schutz dann mehrere Monate. Soweit lautet die Theorie.

Doch das neuartige SarsCoV-2 ist einfach noch zu unerforsch­t, um sich da sicher zu sein. Als während der Sars-Epidemie vom November 2003 bis Sommer 2003 weltweit fast 800 Menschen starben, waren die Patienten nach ihrer Genesung »im Durchschni­tt zwei bis drei Jahre geschützt«, erläutert der Experte François Balloux vom Londoner University College. »Man kann sich also wieder anstecken, die Frage ist jedoch: nach welcher Zeit?«

Den Berichten aus Asien, wonach sich Corona-Patienten ein zweites Mal ansteckten, begegnen viele Experten mit Skepsis. Sie halten es für eher unwahrsche­inlich, dass es sich tatsächlic­h um eine erneute Ansteckung handelt.

Dem Experte François Balloux zufolge könnte das Virus bei manchen Menschen chronisch werden wie etwa der Herpes-Erreger. Oder die negativen Testergebn­isse seien fehlerhaft gewesen, und in Wirklichke­it seien die Patienten das Virus nie losgeworde­n.

Eine Anfang April veröffentl­ichte Studie mit 175 geheilten

Patienten aus Shanghai zeigt, dass die meisten von ihnen zwischen zehn und 15 Tagen nach Ausbruch der von dem Virus verursacht­en Lungenkran­kheit Covid-19 Antikörper in unterschie­dlicher Konzentrat­ion entwickelt hatten. Ob aber allein das Vorhandens­ein von Antikörper­n mit Immunität gleichgese­tzt werden kann, ist eine gänzlich andere Frage.

Ist jemand, der Covid-19 hatte, wirklich so geschützt und immun? Laut Pasteur-Forscher Tangy könnten die Antikörper die Krankheit sogar noch verschärfe­n. Er verweist darauf, dass die schlimmste­n Covid-19Symptome erst auftreten, wenn ein Patient bereits Antikörper entwickelt hat.

Zudem ist nach wie vor unklar, wer wirksamere Antikörper entwickelt – die am stärksten oder die am wenigsten betroffene­n Patienten, die Älteren oder die Jungen? Alles Ungewisshe­iten also. Die einzige wirkliche Lösung ist schlicht und einfach – ein Impfstoff.

nd-ratgeberre­daktion mit AFP

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