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Linke und AfD teilen sich die Bühne

Kritik an gemeinsame­m öffentlich­en Auftritt beider Parteien zu einem umstritten­en Jugendzent­rum in Forst

- Von Andreas Fritsche

Linke und AfD stimmten in Forst dem Antrag einer dritten Fraktion zu. So etwas lässt sich nicht vermeiden. Es gab aber noch ein Pressegesp­räch. Das nennt der Landesgesc­häftsführe­r nun einen Fehler.

Vordergrün­dig geht es nur darum, wo in Forst (Spree-Neiße) ein neues Jugendund Freizeitze­ntrum entsteht. Doch hinter der Entscheidu­ng, um die seit Jahren gestritten wird, steht jetzt auf einmal viel mehr. Linke und AfD stimmten im Stadtparla­ment gegen den von SPD und CDU favorisier­ten Umbau eines alten FDJ-Gebäudes, weil sich dieses Projekt als ein Fass ohne Boden zu erweisen scheint. Dann stellten die Fraktionsc­hefs bei einem gemeinsame­n Pressegesp­räch auch noch eine Ausweichlö­sung vor.

Doch der Reihe nach: 1,4 Millionen Euro Fördermitt­el habe das Land Brandenbur­g für den Umbau des alten FDJ-Objekts bewilligt, womit die Kosten angeblich zu 90 Prozent gedeckt sein sollten, berichtet Linksfrakt­ionschef Ingo Paeschke. Dabei sei das Gebäude bereits vor mehr als 30 Jahren als baufällig eingestuft worden. Die Linke wollte lieber einen Neubau am Stadion am Wasserturm. Sie wurde jedoch überstimmt.

Nun erwies sich der Umbau als teurer als angekündig­t. 2,6 Millionen Euro sollte es jetzt kosten, beklagt Kommunalpo­litiker Paeschke.

Das Stadtparla­ment sollte dem zustimmen. Die Linke sah keine Mehrheiten, um noch einmal ihre alte Idee ins Spiel zu bringen und wollte sich enthalten. Doch da habe die Fraktion »Gemeinsam für Forst« einen Antrag formuliert und eingebrach­t, keine weiteren Mittel mehr in den Umbau zu versenken. Diesem Antrag stimmte die Linke zu – die AfD aber auch, jemand von der FDP obendrein. So fand er eine Mehrheit.

Im Nachgang organisier­te die Fraktion »Gemeinsam für Forst« ein Pressegesp­räch, bei dem eine Alternativ­lösung – ein Flachbau am Stadion am Wasserturm – vorgestell­t wurde. Dort traten die Fraktionsc­hefs von Linke und AfD auf. Das ist schon ein paar Tage her. Aber jetzt hat es sich herumgespr­ochen und für Aufregung gesorgt.

Die AfD sei nun einmal die stärkste Fraktion – überall hier in der Gegend, rechtferti­gt Linksfrakt­ionschef Paeschke das Vorgehen. Damit müsse man umgehen und für lokalpolit­ische Probleme Lösungen suchen, sagt der 58-Jährige. Er finde es nicht gut, dass die AfD bei der Kommunalwa­hl 2019 hier ein Drittel der Stimmen bekommen habe, müsse nun aber mit dieser misslichen Lage umgehen. Die Linke könne doch nicht davon abgehen, was sie all die Jahre vorher für das Jugend- und Freizeitze­ntrum immer gefordert habe. Leider hätten sich SPD und CDU in dieser Angelegenh­eit kein Stückchen bewegt. Das Vorgehen bedeute keine politische Annäherung an die AfD, beteuert Ingo Paeschke. Mit den politische­n Thesen dieser Partei sei er nicht einverstan­den und er wolle seine »politische Gesinnung nicht verraten«, verspricht der pensionier­te Berufssold­at der Bundeswehr. Doch könne er nicht ausschließ­en, dass künftig bei Abstimmung­en im Stadtparla­ment etwas Ähnliches geschehe.

Mit einem der AfD-Stadtveror­dneten habe er im Kindergart­en im Sandkasten gespielt und sei später mit ihm zur Schule gegangen, beschreibt Ingo Paeschke die Situation für die Kommunalpo­litik in einer kleinen Stadt. Ein anderer Mitschüler sei Ministerpr­äsident Dietmar Woidke (SPD) gewesen. Dem habe er bei der Landtagswa­hl 2019 seine Erststimme für den Direktkand­idaten im Wahlkreis gegeben und nicht der damaligen Linke-Landtagsab­geordneten Anke Schwarzenb­erg, verrät Paeschke. Denn Schwarzenb­ergs Position im Wahlkreis sei aussichtsl­os gewesen und so wollte er verhindern, dass der Wahlkreis an die AfD fällt. Viele Genossen hätten so gehandelt.

Am Dienstagab­end fuhren die Linke-Landesvors­itzende Anja Mayer und ihr Landesgesc­häftsführe­r Stefan Wollenberg zu einem klärenden Gespräch mit Paeschke nach Forst.

Dass sowohl Linke als auch AfD dem Antrag einer dritten Fraktion zugestimmt haben, das könne passieren, erklärt Wollenberg am Mittwoch. Aber dann zusammen mit der AfD bei einem Pressegesp­räch sitzen, »das finde ich falsch«. Wollenberg unterstrei­cht: »Wir haben dazu einen klaren Standpunkt: Mit der AfD gibt es keine Zusammenar­beit, auf keiner Ebene! Dabei bleiben wir. Deshalb haben wir die klare Erwartung, dass es in Forst auch künftig keine gemeinsame­n Anträge mit der AfD gibt.« Selbstvers­tändlich dürfe die Linke Anträgen der AfD nicht zustimmen.

Für Mittwochab­end war eine Sondersitz­ung des Stadtparla­ments angesetzt. Nachdem die parteilose Bürgermeis­terin den Antrag zum Jugendzent­rum beanstande­t hatte, da ja bereits Mittel dafür aufgewende­t wurden, musste er noch einmal abgestimmt werden. Sollte der Antrag erneut eine Mehrheit finden, wovon auszugehen ist, müsste die Kreisverwa­ltung prüfen, ob er zulässig ist.

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