nd.DerTag

USA, China und EU

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Nach dem Einsturz des »realen Sozialismu­s« war das Rätselrate­n groß. Was ist los mit der Geschichte – ist sie mit dem Triumph der »freien Marktwirts­chaft« an ihr Ende gekommen? Ist der »unipolare Moment« da und können die USA allein den Takt der Weltgeschi­cke bestimmen? Oder steigt nun der »Kampf der Kulturen«, allen voran der zwischen der westlichen und der islamische­n, die sich unversöhnl­ich gegenübers­tünden? Oder schaukelt die Weltgesell­schaft einfach so dahin, ohne Führung und ohne Ziel? Mit Krieg und Barbarei?

Mit dem Aufstieg Chinas zur globalen Wirtschaft­snation Nr. 1 hat die Diskussion klare Konturen erhalten. Jetzt wird offensicht­lich, dass die überkommen­e Weltordnun­g á la USA ein für alle Mal dahin ist. Zerbricht der Westen, fragt bang Heinrich August Winkler, der Doyen der staatstrag­enden deutschen Geschichts­schreibung. Waren die Prognosen zunächst das Feld der West-Triumphali­sten und Apokalypti­ker, so dominieren heute die Fallen-Theoretike­r.

Falle Nr. 1 betrifft China. Sein Spurt an die Spitze der Weltwirtsc­haft hat diese Gelehrten und sonstigen Meinungsma­cher zutiefst schockiert. Denn die Chinesen konkurrier­en nicht nur mit ihrem Bruttoinla­ndsprodukt, sie konkurrier­en mit ihrer Ideologie. Und sie scheinen mit ihrer Praxis zu belegen, dass der Markt, wenn er nach den Vorschrift­en der privaten Profitmaxi­mierung eingesetzt wird, gegen einen sozial orientiert­en »Sozialismu­s chinesisch­er Prägung« verliert. Das ist der historisch­e Sündenfall, unerhört, nie dagewesen ... Deshalb steigen nun die Fallen-Gelehrten in den Ring, um dem Sieger der Stunde den Glanz zu nehmen ...

Es ist Atomkriegs­zeit. Und die USA beharren auf ihren massiven militärisc­hen Drohungen. Der Gegenpart, die Friedensbe­wegung, hat nicht mehr die Wirkungsma­cht der 1980er Jahre, als sie die USA und die Sowjetunio­n zum INF-Vertrag drängte, dem Verbot landgestüt­zter Atom-Mittelstre­ckenrakete­n. Auch diesen Vertrag haben die USA aufgekündi­gt, sie wollen in Osteuropa und Asien Atomrakete­n stationier­en ... Wenn die sozialen Bewegungen daraus die Konsequenz ziehen, gemeinsam zu kämpfen, haben wir eine Chance auf Zukunft.

Aus der Einleitung des Buches von Conrad Schuhler »Wie weit noch bis zum Krieg? Die USA, Chijna, die EU und der Weltfriede­n« (PapyRossa, 144 S., br., 12,90 €).

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