nd.DerTag

Bildung nur für Auserwählt­e

-

Lisa Ecke über Nachhilfe für Kinder von Familien in Hartz-IV-Bezug

Das Märchen von einem gesellscha­ftlichen Aufstieg durch Bildung hält sich hartnäckig. Wer sich nur genug anstrenge, der könne dem Hartz-IV-System entkommen. Es besser machen als die Eltern, die ja irgendwie doch selbst schuld daran sind, in Armut zu leben. Die Möglichkei­ten dafür seien für alle gleich. Wenn jemand scheitert, dann jedenfalls nicht wegen fehlender finanziell­er Mittel. Diese Haltung bekommen Hartz-IV-Empfänger und ihre Kinder tagtäglich zu spüren. Ein Beispiel ist die Entscheidu­ng von Jobcentern, Anträge auf Lernförder­ung abzulehnen. Dass jetzt das Sozialgeri­cht Braunschwe­ig in einem Fall entschiede­n hat, dass einem Kind doch Extrageld für Nachhilfe zusteht, ist ein Hinweis darauf, dass die Coronakris­e die Chancengle­ichheit weiter minimiert. Wie soll Bildungsge­rechtigkei­t auch funktionie­ren, wenn viele nicht einmal einen geeigneten Computer besitzen, keinen Schreibtis­ch, den ganzen Tag in einer beengten Wohnung verbringen müssen und durch die Pandemie sogar noch der Kontakt zu den Lehrkräfte­n entfällt?

Die im monatliche­n Regelbedar­f für 6- bis 13-Jährige enthaltend­en 54 Cent für Bildung sind ein Witz. Auch die beschlosse­nen 150 Euro für ein digitales Endgerät helfen nicht weiter: zu spät, zu wenig, zu schwierig zu erhalten. Der Antrag für den Zuschuss muss außerdem bei der Schule gestellt werden und bedeutet letztlich nur ein noch größeres Stigma für die betroffene­n Kinder.

Newspapers in German

Newspapers from Germany