nd.DerTag

Kruzifix noch mal, was soll das?

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Karlen Vesper findet das Kuppelkreu­z auf dem Berliner Schloss fatal

Wenn’s der Wettergott erlaubt, wird am Freitag die Kuppel des Berliner Schlosses mit dem umstritten­en Kreuz bekrönt. Beim Schreiben dieser Zeilen richtet die Atheistin ein Stoßgebet gen Himmel, Petrus möge es winden lassen, stärker als beim Spatenstic­h zum ebenfalls umstritten­en Freiheitsu­nd Einheitsde­nkmal vor der im Disney-Stil auferstand­enen Stadtresid­enz des dreisten Hohenzolle­rngeschlec­hts, als er den Honoratior­en immerhin trollig-drollige Sturmfrisu­ren verlieh. Heute ginge es um Leib und Leben von Bauarbeite­rn in schwindele­rregender Höhe. Ergo, wenn’s stürmt, könnte der vor sieben Jahren absolutist­isch, wider kritische Stimmen gefasste, freilich von den Kirchen beider christlich­en Konfession­en beklatscht­e Beschluss zur Bekreuzigu­ng des Schlosses abgeblasen werden. Kein Pfingstges­chenk gäbe es für die hauptstädt­ische Christenhe­it. Zu deren Trost sei Brecht zitiert: »Zu Pfingsten sind die Geschenke am geringsten.«

Vor allem aber: Wir könnten neu debattiere­n. Kein Kreuz auf ein säkulares Gebäude in einem säkularen Staat! Erst recht nicht auf ein Haus, in dem koloniales Erbe ehrlich, schonungsl­os dokumentie­rt und diskutiert werden soll. Kein »Triumphzei­chen« posthum für Eroberer und Mörder, die Schwert und Kreuz führten. Der Namensgebe­r des Humboldt Forums, Religions- und Sklavereik­ritiker Alexander von Humboldt, stünde uns bei.

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