Unipers Klimaschutzmaßnahme
Kohleausstieg in Deutschland: An diesem Samstag geht das neue Steinkohlekraftwerk Datteln 4 ans Netz
Das Kohlekraftwerk Datteln 4 soll am Samstag in den kommerziellen Betrieb gehen. Klimaschützer wollen trotz Corona-Beschränkungen vor Ort protestieren.
Diese Woche kann als beispielhaft für den deutschen Weg zum Kohleausstieg bezeichnet werden. Bei einer Anhörung zu den Gesetzesvorlagen der Regierung am Montag im Wirtschaftsausschuss des Bundestags gab es Kritik von zahlreichen Experten: Durch Entschädigungszahlungen werde den Betreibern von Kohlekraftwerken ein falscher Anreiz gesetzt. Diese würden ihre Meiler bis zum geplanten Abschaltdatum laufen lassen, um die Zahlungen zu kassieren, und bräuchten nicht früher abzuschalten, obwohl die Kraftwerke längst nicht mehr wirtschaftlich rentabel sind. Das Kohleausstieggesetz könnte also zu längeren Laufzeiten der CO2-Schleudern führen.
Kritik gab es ebenfalls an der Erlaubnis, dass im nördlichen Ruhrgebiet sogar noch ein ganz neues Steinkohlekraftwerk ans Netz gehen darf. Datteln 4 wird an diesem Samstag in den kommerziellen Betrieb gehen, wie der Betreiber Uniper jetzt bekanntgab. Während andere Länder noch in diesem Jahr komplett aus der Kohle aussteigen, wird in Deutschland erstmal ausgebaut. Dabei ist Datteln 4 schon seit der Genehmigung im Jahr 2006 umstritten. Da das Kraftwerk nicht am genehmigten Standort gebaut wurde, gab es juristische Auseinandersetzungen. Zeitweilig galt es als »größter Schwarzbau Deutschlands«.
Uniper wirbt damit, dass mit Datteln 4 ein effizientes Kraftwerk in Betrieb gehe, während weniger effiziente abgestellt werden. Das Unternehmen
zählt die Anlage daher sogar zu seiner »Dekarbonisierungsstrategie«. Datteln 4 nicht ans Netz gehen zu lassen, wäre klimaschädliche »Symbolpolitik«, sind sich Uniper-Chef Andreas Schierenbeck und der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) einig.
Kohlekritiker halten die Aussage für falsch. Mit seiner hohen Stromproduktion behindere das Kraftwerk den Ausbau erneuerbarer Energien. Die Deutsche Bahn und der Versorger RWE, die langfristige Abnehmerverträge für Strom aus Datteln haben, wollen diesen eigentlich nicht mehr. Er ist teuer und passt nicht zum grüneren Image, das sich beide Konzerne geben wollen. RWE versucht sogar juristisch gegen die Abnahme des Stroms aus Datteln vorzugehen.
Greenpeace-Klimaexpertin Lisa Göldner übt scharfe Kritik an der Inbetriebnahme: »Mit Datteln 4 soll mitten in einer sich zuspitzenden Klimakrise eine gigantische CO2-Schleuder
in Betrieb gehen. Erbarmungslos setzt Uniper mit einer Technik von gestern die Zukunft von morgen aufs Spiel«, sagte sie. Der Bundesregierung, dem finnischen Uniper-Mutterkonzern Fortum und der finnischen Regierung wirft die Klimaexpertin vor, »auf Jahre die Klimakrise weiter anzuheizen«, weil sie tatenlos zusähen, wie das Kohlekraftwerk ans Netz geht. Auch Greta Thunberg, Initiatorin der Schülerbewegung »Fridays for Future« kritisiert die Inbetriebnahme des Kraftwerks in einem Tweet scharf. Sie sieht darin einen Beweis dafür,
»Erbarmungslos setzt Uniper mit einer Technik von gestern die Zukunft von morgen aufs Spiel.«
Lisa Göldner, Greenpeace
dass alle Worte und Versprechungen von Politikern, man habe die Klimakrise verstanden, leer seien.
Aktivisten aus Umwelt- und Klimabewegung planen Proteste für den kommenden Samstag. Lokale Klimaaktivisten wie Lena Wittekind von »Fridays for Future« aus Recklinghausen haben seit Dienstag, als erste Gerüchte über die bevorstehende Inbetriebnahme die Runde machten, überlegt, was zu tun sei. Entschieden haben sich die Aktivisten für Kundgebungen an den verschiedenen Toren des Kraftwerksgeländes. Datteln 4 soll symbolisch »umzingelt« werden. An den Kundgebungen beteiligen sich verschiedene Nichtregierungsorganisationen bis hin zu einer Bürgerinitiative aus Datteln sowie das linksradikale Bündnis »Ende Gelände«.