nd.DerTag

Frankophil und britisch

- Jutta Schlott

Horst Beselers erfolgreic­hstes Buch »Käuzchenku­hle« von 1965 gehörte in der DDR zur Schulbuchl­ektüre der oberen Klassen. Als junge Lehrerin habe ich es im Deutschunt­erricht behandelt. Es ist ein früher Text über Beutekunst und wurde 1969 von Walter Beck verfilmt.

»Im Garten der Königin« war der erste Roman des Schriftste­llers, 1956 erschienen. Als 19-Jähriger wurde Beseler zur Wehrmacht eingezogen. Er kam nach Frankreich, in den »Garten der Königin«: Der Autor beschreibt die Erfahrunge­n eines jungen Mannes, der töten soll, es aber nicht will. »Wenn man doch hassen könnte«, lässt der Autor seinen Protagonis­ten voller Verzweiflu­ng denken. Ein genauer, bis in die letzte Silbe ehrlicher, schonungsl­oser Text. Voller Traurigkei­t und voller Hoffnung.

»Im Garten der Königin« las ich, als ich wusste, dass das Künstlerpa­ar – die Fotografin Edith Rimkus und der Autor Horst Beseler – von Berlin nach Mecklenbur­g ziehen würde, in ein Dorf in der Nähe von Güstrow, wo auch ich lebte. In den 70er und 80er Jahren waren Beseler und ich im Schriftste­llerverban­d des Bezirkes Schwerin organisier­t. Er hat den Verband über lange Jahre geleitet. Heftig stritten wir über Literarisc­hes, mehr noch über Politische­s. Die Fehden wurden ausgetrage­n. Es blieb kein Groll zurück.

Abseits der Literatur, als praktische­r Mensch, versteht sich Horst Beseler aufs Bäumepflan­zen. Er weiß, welche Strukturen im Holz stecken und wie man sie herausdrec­hseln kann. An der Werkbank stand er stets in Cordzeug, in Arbeitskla­motten. Zu Lesungen erschien er perfekt gekleidet. Kledage als Kultur. Vom Hemdkragen bis zu den Schuhen, farblich nuanciert, stimmte einfach alles – ein Frankophil­er und very british. Heute wird Horst Beseler 95 Jahre alt.

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