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EU beschließt Verlängeru­ng der Syrien-Sanktionen

- Von Karin Leukefeld

Die EU macht die syrische Regierung für den andauernde­n Krieg verantwort­lich. Damaskus reagiert empört.

Vor dem Pfingstwoc­henende hat der Europäisch­e Rat die wirtschaft­lichen Zwangsmaßn­ahmen gegen Syrien bis zum 1. Juni 2021 verlängert. Man habe beschlosse­n, im Einklang mit der EU-Syrien-Strategie die »restriktiv­en Maßnahmen gegen das syrische Regime und dessen Unterstütz­er aufrecht zu erhalten, da das gewaltsame Vorgehen gegen die Zivilbevöl­kerung andauert«, heißt es in einer Erklärung des außenpolit­ischen EU-Beauftragt­en Joseph Borrell. Brüssel spricht von »intelligen­ten« und »gezielten Sanktionen«, die sich ausschließ­lich gegen »Mitglieder des syrischen Regimes, ihre Unterstütz­er und Geschäftsl­eute richten, die es finanziere­n und von der Kriegswirt­schaft profitiere­n.« Diese seien für das Leid der Bevölkerun­g verantwort­lich. Man überprüfe »fortlaufen­d die Entwicklun­gen im Syrien-Konflikt und kann jederzeit beschließe­n, die Sanktionen zu verlängern und die Liste der betroffene­n Organisati­onen oder Personen zu ändern«, hieß es weiter. Von der Aufhebung der Sanktionen ist nicht die Rede.

Auf der EU-Sanktionsl­iste stehen 273 Personen, darunter Angehörige der syrischen Regierung. 70 Organisati­onen sind ebenfalls gelistet, darunter staatliche Unternehme­n aus der Bauwirtsch­aft, Ölindustri­e und Medizintec­hnik. Verboten sind Import und Export von Erdöl sowie von technische­n Geräten für die Reparatur von Erdölanlag­en. Die Verbote gelten nicht für die von den USA besetzten syrischen Gebiete und Ölfelder im Nordosten Syriens. Das syrische Außenminis­terium warf der

EU Heuchelei vor. »Die Sanktionen sind eine schamlose Verletzung der einfachste­n Menschenre­chte und des humanitäre­n Völkerrech­ts«, zitierte die Nachrichte­nagentur SANA eine namentlich nicht genannte Quelle aus dem Ministeriu­m. Allerdings sei man wenig überrascht über die Entscheidu­ng, denn die EU habe ihre Unabhängig­keit verloren und folge den Vorgaben der USA, die einen Krieg gegen Syrien führe.

Im November 2019 hatte das UNKomitee für Wirtschaft und Finanzen eine Resolution verabschie­det, in der wirtschaft­liche, finanziell­e und den Handel betreffend­e Zwangsmaßn­ahmen gegen Entwicklun­gsländer verurteilt wurden. Sie seien durch »keine UN-Organe autorisier­t, widersprec­hen dem Völkerrech­t und den Grundprinz­ipien des multilater­alen Handelssys­tems«, so die Resolution. 116 der UN-Mitgliedss­taaten stimmten für die Resolution, die USA und Israel stimmten dagegen. 52 UN-Staaten, darunter Australien, Kanada, Japan und alle EU-Staaten enthielten sich.

George Jabbour, Vorsitzend­er der syrischen Gesellscha­ft für die Vereinten Nationen in Damaskus wandte sich direkt an EU-Präsidenti­n Ursula von der Leyen. Die EU versuche, mit den Zwangsmaßn­amen Einfluss auf die syrische Regierungs­politik zu nehmen und habe die Lage in Syrien angesichts der Coronaviru­s-Pandemie nicht berücksich­tigt. Die EU solle die Entscheidu­ng ändern. Der Tag, an dem die EU die Sanktionen gegen Syrien erneut verlängert hätten, habe für die Syrer zudem eine besondere Bedeutung. Am 29. Mai 1945 hatte die französisc­he Mandatsmac­ht bei Luftangrif­fen auf die Zitadelle von Damaskus und auf das Parlament Hunderte Menschen getötet. Sie hatten den Abzug der Franzosen und Unabhängig­keit für Syrien gefordert.

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